Textdiskussion: "Besser sogar als ich Selbst" von besslamess

@KrystanX

Glückwunsch Cittadolente, du hast es mal wieder geschaft in einem einzelnen Post die länge des Textes um den es eigentlich geht zu übertreffen. Nicht das AJ es nicht mindestens genau so gut kann.

Übertreibt ihr beide es nicht langsam. Es geht hier schließlich nur um einen bedeutungsschwangeren Text, er dem jeweiligen Leser vielleicht gefällt, oder es eben nicht tut. Es ist weder die Bibel, Koran, oder Talmud noch hängt das Schicksal der Welt davon ab, wie welches Wort gemeint, oder nicht gemeint ist.

Wer ihn liest und gefallen daran findet, sich vielleicht sogar hineinversetzen kann, der wird daran seinen Spass haben, und alle anderen werden ihn liegen lassen wie das deutsche Steuerrecht.

Ich kann ja verstehen, Cittadolente, wenn dir die Autorin am Herzen liegt, aber ich denke du tust ihr mit dieser Art der Hoffierung nichts gutes.

Hi,

"Besser als nichts" ist nicht aus dem Talmund? Und auch nicht aus der Bibel? Koran auch nicht?
Das ist mir bisher nicht aufgefallen.
Jetzt bin ich echt enttäuscht!
Ich such mal in der "Baghadvaghitta" und im "Tao-Te-King."
Ich sag dir Bescheid, wenn ichs gefunden hab.

lg
"rosi" (Johannes)
 
@ Cittadolente

Zum Thema „Interpretation“:

Ich denke, dein letzter Beitrag (#24) ist in eindrucksvoller Weise darum bemüht, gute Gründe für deine Interpretationen des Frühstücks sowie der Rolle der Göttin zu liefern. Deine Interpretation und die Mühe, die du dir machst, um diese zu „beweisen“, respektiere ich. Ja, ich akzeptiere sie sogar! Das ist nicht das Problem. Das Problem ist, dass deine guten Gründe und Mühen nichts nützen. Denn indem du einzelne Textversatzstücke zusammenklaubst, um deine Interpretationen zu untermalen, tust du exakt dasselbe, was du mir vorwirfst, das ich angeblich tun würde, wenn du über mich befindest:

»[D]ass du dich zumindest in einigen Punkten ganz offensichtlich in Interpretationen verbeißt, die schlicht und einfach aus der Luft gegriffen sind und keinerlei Grundlage im Geschichtentext haben. Und zu solchem Behufe trägst du weitschweifig die entlegensten Dinge zusammen, um zu "beweisen", dass du Recht hast.«

Deine Interpretationen sind genauso aus der Luft gegriffen wie meine. Ich kann für meine aus der Luft gegriffenen Interpretationen genauso „entlegenste Dinge“ zusammenklauben und sie als gute Gründe für meine Interpretationen hinstellen, wie du es tust (vgl. Beitrag #24). Das ändert trotzdem nichts daran, dass meine wie deine Interpretationen aus der Luft gegriffen sind. Am Ende haben wir dann so viele aus der Luft gegriffene Interpretationen, wie wir wollen, die alle mit guten Gründen (will heißen: zusammengeklaubten Textversatzstücken) „bewiesen“ sind. Und das nützt gar nichts!

Nutzen könnten wir aus der Frage der „richtigen“ Interpretation(en) nur schlagen, wenn bestimmte unserer aus der Luft gegriffenen Interpretationen widerlegt werden könnten.

Und die Crux ist die, dass Besser sogar als ich Selbst, denke ich, solche Widerlegungen nicht zulässt. Und der Text lässt das aufgrund seiner entgrenzten Ambiguität nicht zu. Was meine ich damit? Ich meine damit, dass der Text alles und nichts bedeutet; dass die interpretativen Aussagen, die man aus ihm ziehen könnte, schlicht und ergreifend beliebig sind; dass er nicht den erzählerischen Rahmen (will heißen: explizite oder implizite Ausformungen der fiktionalen Welt) enthält, der die Vielzahl der möglichen interpretativen Aussagen angemessen begrenzen würde, sodass diese Vielzahl per Widerlegung abgeschmolzen werden könnte auf die überschaubaren und entscheidenden (und im Idealfall von der Autorin intendierten) interpretativen Kernaussagen des Texts.

Ist jetzt nachvollziehbar, was ich mit der Rede von der entgrenzten Ambiguität meine?

Es ist in Sachen Ambiguität quasi frei nach Paracelsus zu sagen: Die Dosis macht das Gift.

Eine angemessene und also maßvolle Ambiguität mag einen Text bereichern; eine unangemessene und also maßlose Ambiguität hingegen mag einen Text der Beliebigkeit und Bedeutungslosigkeit ausliefern.

(Das dürfte auch klären, was ich zum Thema „Andeutungen“ in Besser sogar als ich Selbst denke, wenn man beachtet, dass zwischen dem Maß an Ambiguität und dem Maß an Andeutungen in einem Text gewissermaßen eine Korrelation besteht, oder?)

Und angesichts dieser Überlegungen bleibt mir nur zu sagen, dass es mich freut, dass du mit solcher Verve deine Interpretationen zum Text ausführst, und deine Interpretationen sind auch wunderbar mit Textversatzstücken untermalt – nur, das sind der Möglichkeit nach x andere Interpretationen zum Text auch, und sie alle sind ebenso wie deine nicht widerlegbar. Und weil man sich beim vorliegenden Text aufgrund seiner entgrenzten Ambiguität die Dinge drehen und wenden kann, wie einem beliebt, will ich mich erst gar nicht in dem Versuch ergehen, wie du forderst, es dir jetzt gleichzutun und beispielsweise die Domina- oder Nötigungsinterpretationen mit zusammengeklaubten Textversatzstücken „verteidigen“. Das nützte nichts. Es würde nur den nutzlosen Berg der nicht widerlegbaren und beliebigen Interpretationen weiter auftürmen. Und wie ich bereits oben unter [3] schrieb: Beim „selbstverständlichen“ Orakeln überlasse ich liebend gern anderen den Vortritt!

(Und das mit dem Orakeln ist auch nicht abwertend gemeint: Wenn es für dich einen besonderen Reiz ausmacht, dass der Text in nahezu jeder erdenklichen Richtung gedeutet und in noch viel mehr Richtungen in ihn hineingedeutet werden kann, dann habe ich damit überhaupt kein Problem. Dann ist das halt für dich das oder ein Kriterium, welches darüber entscheidet, wie sehr dir ein Text gefällt oder nicht gefällt.)

Zum Thema „Motivation und Liebe“:

Du zitierst leider meinen Erstkommentar. Ich sagte bereits, dass dieser reichlich misslungen sei, weil mir nicht gelang, meine Kritik angemessen zu artikulieren. Und du hast völlig recht, wenn du über die von dir zitierte Passage sagst, dass diese „kraus“ sei.

Was „Liebe“ als die Handlung motivierendes Element anbelangt, empfehle ich dir besser einen Blick in [2] meine Ausführungen oben zu werfen als in meinen Erstkommentar im PCB.

Unter [2] stellt sich heraus, dass ich am Text nicht eigentlich kritisiere, dass die Liebe nur implizit und nicht explizit artikuliert wird, und dass ich auch nicht eigentlich kritisiere, dass eine implizit artikulierte Liebe nicht als die Handlung motivierendes Element qua ihrer Implizität tauge.

Stattdessen kritisiere ich, dass die implizite Liebe nur als Wirkung im Text artikuliert würde und daher nicht als die Ausgangssituation motivierendes Element analysierbar sei. Und dass somit im Dunkeln bleibe, neben so vielem anderen auch, worin sich die Ausgangssituation des Texts gründet, ist meine Hauptkritik am Text. Da sich die Autorin nicht entscheiden kann oder will, ob ihr Text im Erotismus gegründet sein soll oder vielleicht doch in etwas völlig anderem (z.B. Misandrie, Nötigung, Dienstleistungsabwicklung etc.), zieht sie aus bestimmter Perspektive auch die Zugehörigkeit ihres Texts zum literarischen Bereich der Erotisma in Zweifel. Und das schlägt sich in einer Reihe von Schwächen nieder, die ich unter [2] beispielhafte aufzähle.

Daraus ergibt sich mein Schluss, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn die Autorin implizit oder explizit klargelegt hätte, worin die Ausgangssituation motiviert ist. Dann nämlich hätte sie voll und ganz ihren Text in diese Richtung ausgestalten können. So ist er alles und nichts.

Beste Grüße
–AJ
 
Last edited:
Glückwunsch Cittadolente, du hast es mal wieder geschaft in einem einzelnen Post die länge des Textes um den es eigentlich geht zu übertreffen. Nicht das AJ es nicht mindestens genau so gut kann.
Übertreibt ihr beide es nicht langsam. .....
Ich kann ja verstehen, Cittadolente, wenn dir die Autorin am Herzen liegt, aber ich denke du tust ihr mit dieser Art der Hoffierung nichts gutes.

KrystanX, hier in Forum wird so vieles geschrieben, da sollte es auf ein paar Sätze mehr oder weniger nicht ankommen. Dies umso mehr, als es bei diesem Diskussionsfaden um die Interpretation eines konkreten Textes geht; daraus können wir alle, denke ich, mehr lernen als aus abstrakten Betrachtungen, die sich dann auch noch in irgendwelche Nebensächlichkeiten verlieren (ich kann mich da an einen Thread erinnern, wo es zeitweise um Dinosaurier ging ...).
(Und gute Literatur zieht erst Recht einen Rattenschwanz von Sekundärliteratur nach sich.)

Hofiere ich die Autorin? Das glaube ich nicht; zu diesem Zwecke wäre der Versuch einer privaten Kommunikation mit ihr besser geeignet.

Ich tue ihr nichts Gutes? Wieso? Schadet es ihr, wenn ich ihre Geschichte gegen die von AJ behauptete Beliebigkeit verteidige, indem ich plausible Interpretationen aus dem Text ableite?

Vor allem würde ich mir wünschen, dass ein solches Talent für Literotica erhalten bleibt, und nicht durch unangemessene Bewertungen vertrieben wird.

Trotzdem sollst du im Ergebnis deinen Willen haben, wenn dir diese Debatte auf die Nerven geht.

Ich kann sie einfach deshalb nicht fortführen, weil das letzte Posting von AJ für mich nicht anschlussfähig ist. Es gibt nichts konkret (An-)Greifbares mehr, wenn AJ schreibt:
"... deine Interpretationen sind ... wunderbar mit Textversatzstücken untermalt – nur, das sind der Möglichkeit nach x andere Interpretationen zum Text auch, und sie alle sind ebenso wie deine nicht widerlegbar."

Diese hermetische Prosa macht mich sprachlos.
 
Last edited:
Hofiere ich die Autorin? Das glaube ich nicht; zu diesem Zwecke wäre der Versuch einer privaten Kommunikation mit ihr besser geeignet.

Es gibt viele Wege, wie man dann das macht. Ich wage nicht zu urteilen wieso du es tust, es ist nur ziehmlich offensichtlich.

Vor allem würde ich mir wünschen, dass ein solches Talent für Literotica erhalten bleibt, und nicht durch unangemessene Bewertungen vertrieben wird.
Wenn sie es mag wird sie es bestimmt, und wenn sie es nicht mag, dann halt nicht. Für diese Art Text gibt es zweifelos andere, bessere Orte um sie zu veröffentlichen, wo sie, sofern es ihr ihr an Zuspruch fehlt, dann die Anerkennung bekommt, die sie vermisst. Da sich besagte Person aber bis jetzt noch mit keinem Wort an der Diskussion beteiligt hat, denke ich nicht, dass es ihr hier besonders dank deiner Bemühungen an Aufmerksamkeit fehlt. Im Positivien, wie im Negativen.
 
@Cittadolente

Ich glaube auch, dass "besslamess" mit ihrer Story weit weniger Probleme hat, als mancher Leser.
Sie hat damit wohl überhaupt keine.
Bisher weist nichts darauf hin, dass sie Probleme hätte.

Ich werde heute oder morgen hier im Thread EINEN längeren Kommentar zur Story abgeben, und versuchen zu zeigen, was der Text wirklich hergibt und was nicht.
Was wirklich drin steht, welche Schlußfolgerungen zulässig sind und welche davon Kaffeesatzleserei.
Welche Mutmaßungen eine reale Verankerung im Text haben und welche nicht.

Übrigens beherrscht "besslamess" nicht nur die Kurzstrecke.
Sie hat noch eine zweite längere Story veröffentlicht, die ebenfalls hervorragend ist.

Du kennst sie, "Cittadolente." Du hast sie ja treffend kommentiert.

lg
"rosi" (Johannes)
 
Last edited:
Deine Interpretationen sind genauso aus der Luft gegriffen wie meine. Ich kann für meine aus der Luft gegriffenen Interpretationen genauso „entlegenste Dinge“ zusammenklauben und sie als gute Gründe für meine Interpretationen hinstellen, wie du es tust (vgl. Beitrag #24). Das ändert trotzdem nichts daran, dass meine wie deine Interpretationen aus der Luft gegriffen sind. Am Ende haben wir dann so viele aus der Luft gegriffene Interpretationen, wie wir wollen, die alle mit guten Gründen (will heißen: zusammengeklaubten Textversatzstücken) „bewiesen“ sind. Und das nützt gar nichts!

Es muss ja auch nichts nützen. Ein Kunstwerk hat meistens mehr als eine Interpretationsmöglichkeit, und jede ist die richtige. Hätte es nur eine, und wäre auf diese eine speziell ausgerichtet, wäre es nicht nur schwächere Kunst, sondern einfach gar keine. Eine Flasche, die nur eine Flasche ist, ist kein Kunstwerk. Sie muss schon MEHR als eine Flasche sein, um Kunst darzustellen.

... Ich meine damit, dass der Text ...nicht den erzählerischen Rahmen (will heißen: explizite oder implizite Ausformungen der fiktionalen Welt) enthält, der die Vielzahl der möglichen interpretativen Aussagen angemessen begrenzen würde, sodass diese Vielzahl per Widerlegung abgeschmolzen werden könnte auf die überschaubaren und entscheidenden .... interpretativen Kernaussagen des Texts.

Na Gott sei Dank. Dann wäre er nämlich langweilig.

Es reicht übrigens, dass der erzählerische Rahmen, der angeblich nicht da sein soll, mit - wie Cittadolente nun wirklich reichlich vorführt - derartig vielen BDSM-Anspielungen gespickt ist, dass er für einen auf BDSM spezialisierten Leser nicht nur ausreicht, sondern, wie z.B. bei Cittadolente, sogar regelrechtes Entzücken hervorruft. Unabhängig davon, dass Hemingway die Story anders geschrieben hätte.


Eine angemessene und also maßvolle Ambiguität mag einen Text bereichern; eine unangemessene und also maßlose Ambiguität hingegen mag einen Text der Beliebigkeit und Bedeutungslosigkeit ausliefern.

Richtig: mag.

Dürfte hier aber nicht der Fall sein. Mag sein, dass es FÜR DICH der Fall ist. Aber für die meisten hier ist diese Ambiguität völlig richtig dosiert. Und zwar so richtig dosiert, dass sie davon eben begeistert sind.

Beim „selbstverständlichen“ Orakeln überlasse ich liebend gern anderen den Vortritt!

Respekt. Das ist vielleicht der vernünftigste Satz von dir seit langem.

Stattdessen kritisiere ich, dass die implizite Liebe nur als Wirkung im Text artikuliert würde und daher nicht als die Ausgangssituation motivierendes Element analysierbar sei. Und dass somit im Dunkeln bleibe, neben so vielem anderen auch, worin sich die Ausgangssituation des Texts gründet, ist meine Hauptkritik am Text. Da sich die Autorin nicht entscheiden kann oder will, ob ihr Text im Erotismus gegründet sein soll oder vielleicht doch in etwas völlig anderem (z.B. Misandrie, Nötigung, Dienstleistungsabwicklung etc.), zieht sie aus bestimmter Perspektive auch die Zugehörigkeit ihres Texts zum literarischen Bereich der Erotisma in Zweifel.

Wenn du das tust, mein lieber Auden, hast du schon mal deine von mir vorgeworfene Inkompetenz bewiesen.

Ich meine, der Text steht nicht irgendwo in der Financial Times unter "Verschiedenes", er steht in Literotica in der BDSM-Ecke. Und bisher hat noch niemand gesagt, dass er dort nichts zu suchen hätte. Ja, manche sind sogar von ihm begeistert. Also zieh das ruhig in Zweifel, so wie wir das von dir unverstandenes Genie kennen.

Ich meine, wenn das erste, wenn du eine Sex-Geschichte liest, der Gedanke ist, "Die Frau ist ne Hure, und der Kerl ist ihr Kunde", dann tust du mir leid, erst recht, wenn so viele Kleinigkeiten darauf verweisen, dass das alles aus Liebe geschehen sein könnte. Vielleicht hast du ja mehr Erfahrungen mit Huren als mit dich wirklich liebenden Frauen, aber bei den meisten Menschen ist das andersrum, und die meisten machen auch einen riesengrossen Unterschied zwischen privat und geschäftlich, und ein Verhältnis mit einer Hure ist so gut wie immer geschäftlich, egal wie gefühlvoll oder offensichtlich innig das ganze dann abläuft.

Daraus ergibt sich mein Schluss, dass es vielleicht besser gewesen wäre, wenn die Autorin implizit oder explizit klargelegt hätte, worin die Ausgangssituation motiviert ist. Dann nämlich hätte sie voll und ganz ihren Text in diese Richtung ausgestalten können.

Ganz ehrlich: ich glaube, so gut wie jeder hat Verständnis, dass du das - für dich - besser gefunden hättest. Daran gibts auch nichts zu kritteln. Das Problem ist nur , dass du uns DAS dann als angeblich soviel besseres Ergebnis verkaufen willst. Du machst da den Leuten zum Vorwurf, dass sie sich gerade von dem, was dich stört, begeistern liessen.

Das wirkt nicht gerade überzeugend.
 
Eva 01

Jetzt haben wir zum Glück (andeutungsweise in die gleiche Richtung) die Geschichte "Eva 01".
Dort wird doch wenigstens alles genau erklärt; da bleiben bestimmt keine Fragen offen und bleibt sicherlich auch keine Unterhose trocken.


@ KrystanX:
Zunächst einmal ist es dir hoch anzurechnen, dass du trotz deiner Aversion gegen die Diskussion in diesem Thread bei der Stange geblieben bist.
Dem gegenüber muss ich beschämt einräumen, dass ich sehr schnell stiften gegangen bin, als mir die Debatten zu BDSM-Stories und zur Frage, worum es bei Literatur geht, allzusehr auszuufern schienen.

Wenn ich einen Text mag habe ich kein Problem damit, das auch zu sagen und kann mich ggf. auch zu dem Eingeständnis überwinden, dass der/die Autor(in) besser schreibt als ich.
Gut möglich, dass andere Autoren, die ebenfalls von der Qualität ihrer Texte überzeugt sind, mit derartigen Eingeständnissen Schwierigkeiten haben.

Allerdings lese ich hier relativ wenig; auch deshalb, weil ich schon allzu oft von Geschichten enttäuscht wurde. Es mag also bei Lit durchaus zahlreiche weitere Geschichten geben, die gleichfalls gut, mir aber durch die Lappen gegangen sind.
Bei bessamless habe ich angesichts ihrer beiden ersten 'Proben' die Erwartung, dass ihre Geschichten generell gut sind. Deswegen ist es ein durchaus egoistischer Wunsch, mehr von ihr zu lesen.

Dass du anscheinend Literotica als ungeeigneten Publikationsort für diese Art von Geschichten ansiehst, verstehe ich nicht. Was meinst du konkret, wenn du (abwertend?) sagst "diese Art Text"?
Eher würde ich es verstehen, wenn man der Autorin aus Qualitätsgründen eine Publikation auf einer anspruchsvollen Literaturplattform (wo konkret, wüsste ich allerdings nicht zu sagen) empfehlen würde.
 
@Cittadolente

Hi,

ich finde es überhaupt nicht egoistisch, dass man von jemandem dessen Stories man mag, mehr lesen möchte.
Das ist völlig normal.

Und ich finde auch nicht, dass Stories a la "bessamless" bei LIT deplaziert sind.
Im Gegenteil.

Und auch eure Beiträge zu "Besser..."- die von dir und "A.J."- sind lesenswert, sowohl hier wie auch im PCB.

Man muss doch nicht immer auf einen gemeinsamen Nenner kommen.
Grade die unterschiedliche Interpretation von Lesern einer Story ist doch das Interessante an der Literatur und auch an LIT-Stories.
Meine Güte, da kommt man halt mal auf keinen gemeinsamen Nenner- wie du und "AJ"- und dann lässt man die Standpunkte einfach nebeneinander stehen.
Jeder, den es interessiert, kann sich anhand der Story, der Kommentare im PCB und diesem Thread hier seine eigene Meinung darüber bilden.

Ich finde nur- wie auch du angemerkt hast- man sollte es mit der "Entgrenzten Ambiguität" und ähnlichem nicht übertreiben.
Und man sollte in einenText nicht mehr hinein interpretieren als er tatsächlich hergibt.

Wie gesagt, ich mache in einem längeren Posting meinen Standpunkt zu "Besser als... " noch einmal deutlich.

lg
"rosi" (Johannes)

Ps: Bevor mir das falsch verstanden wird: Auch andere haben hier gute Beiträge gepostet, wie "KrystanX" und "Brain Tom."
Ich hab nur "AJ" und "Cittadolente" hervorgehoben, weil ihre unterschiedlichen Auffassungen überhaupt erst zu diesem Thread geführt haben.
 
Last edited:
Ich schreibe "die Art Text", weil ich damit die Diskussion umgehen will, was es jetzt genau ist. Er ist einfach anders und nicht umbedingt die Art Text, die die meisten Literotica Leser hier erwarten.

Da er eher eine unterschwellige Erotik besitzt, die zwar vom Anspruch her, aber nicht von der juristischen Wertung her für Personen über 18 ist, könnte man ihn eben gut in jedem der junzähligen Literaturforen/Portale, die es da draußen gibt ohne Probleme veröffentlichen, wo sich die Leser eben explizit um diese Art von Textinterpretation kümmern, auch wenn er dort vermutlich auch wieder nur ein kleines Publikum ansprechen würde. Wenn ich mir hier jedoch objektive 3912 Views angucke, dann ist das hier wohl sowieso nicht so das Publikum für die Geschichte, die vermutlich ohne deinen Disput mit AJ auch von uns Forennutzern ohne große Beachtung geblieben wäre.
Das ist nicht böse gemeint, denn wie jedes Werk, dass ein Künstler mit Hingabe vollbracht hat, hat auch diese Geschichte ihre Berechtigung. Ich denke nur, dass sie einfach hier nicht auf die richtige Zielgruppe trifft, wobei ich nicht weiß, was genau die richtige Zielgruppe ist.
Du könntest ja z.B. die Geschichte bei Radio Schlag-Fertig vortragen. Ein BDSM Webradio, wo solche Geschichten bei Gefallen in absprache mit dem Autor eben auch einer größeren Hörerschaft vorgelesen werden.

lg
Krystan
 
Glückwunsch Cittadolente, du hast es mal wieder geschaft in einem einzelnen Post die länge des Textes um den es eigentlich geht zu übertreffen. Nicht das AJ es nicht mindestens genau so gut kann.

Übertreibt ihr beide es nicht langsam. Es geht hier schließlich nur um einen bedeutungsschwangeren Text, er dem jeweiligen Leser vielleicht gefällt, oder es eben nicht tut. Es ist weder die Bibel, Koran, oder Talmud noch hängt das Schicksal der Welt davon ab, wie welches Wort gemeint, oder nicht gemeint ist.

Wer ihn liest und gefallen daran findet, sich vielleicht sogar hineinversetzen kann, der wird daran seinen Spass haben, und alle anderen werden ihn liegen lassen wie das deutsche Steuerrecht.

Ich kann ja verstehen, Cittadolente, wenn dir die Autorin am Herzen liegt, aber ich denke du tust ihr mit dieser Art der Hoffierung nichts gutes.

Ach, Krystan, mal ganz ehrlich: von mir aus können die Leute hier ganze Romane über eine Geschichte schreiben, die nur aus 3 Worten besteht. Ich mag sowas. UInd es spricht für die Stärke des Textes.

Ich muss da immer an Eva Heller denken, die in einem Interview mal erzählt hat, dass sie, so rein testhalber, auch mal Schreibkurse besucht hat. Und sie sagt über die Bewertung ihrer Texte dort "Also meine wurden immer am schlechtesten bewertet. Aber dafür wurde über sie auch am meisten diskutiert."

Wegen mir kanns ruhig Grabenkämpfe geben, auch wenn sie manchmal mühselig sind. Aber mitunter kommen dann doch interesante Aspekte zum Vorschein, die man sich mal durchdenken kann. Wenn man will.

Wer's nicht will, muss sich das natürlich nicht antun.
 
Ich schreibe "die Art Text", weil ich damit die Diskussion umgehen will, was es jetzt genau ist. Er ist einfach anders und nicht unbedingt die Art Text, die die meisten Literotica Leser hier erwarten. ..... Wenn ich mir hier jedoch objektive 3912 Views angucke, dann ist das hier wohl sowieso nicht so das Publikum für die Geschichte .....
Du könntest ja z.B. die Geschichte bei Radio Schlag-Fertig vortragen. Ein BDSM Webradio, wo solche Geschichten bei Gefallen in Absprache mit dem Autor eben auch einer größeren Hörerschaft vorgelesen werden.

Was die Rezeptionsbereitschaft und tatsächliche Rezeption dieser Geschichte(n) bei Lit angeht, hast du wohl Recht, KrystanX.

Ob solche Stories praktizierenden BDSMlern gefallen würden, ist die Frage; ich könnte mir vorstellen, dass nicht. Ein interessanter Test wäre es aber allemal.

Wie auch immer: als meine Aufgabe sehe ich die Verbreitung der Geschichten nicht; das mag die Autorin (wenn es überhaupt eine Frau ist) halten, wie sie mag.

Unabhängig davon sehe ich den Text aber als ein gutes Objekt, um die Qualitätsfrage konkret, anstatt nur abstrakt, auszudiskutieren.
Insoweit bin ich auf die Analyse von Johannes gespannt.
 
@ Cittadolente

Diese hermetische Prosa macht mich sprachlos.
Tut mir leid, stehe da grade auf dem Schlauch.
Was willst du damit sagen?

Mein Beitrag #27, finde ich, bedarf weder eines Schlüssels, um seine Aussagen nachvollziehen zu können (Stichwort: "hermetische Prosa"), noch scheint er mir geeignet zu sein, um andere um ihre Wörter zu bringen, oder?

Bei bessamless habe ich angesichts ihrer beiden ersten 'Proben' die Erwartung, dass ihre Geschichten generell gut sind. Deswegen ist es ein durchaus egoistischer Wunsch, mehr von ihr zu lesen.
Deinem Wunsch sei hiermit geholfen: Link zur Webseite von besslamess mit weiteren ihrer Texte.

Wer weiß, vielleicht findest du ja sogar den einen oder anderen Text, der dir sogar noch besser als "Besser sogar als ich Selbst" gefällt: viel Spaß beim Lesen!

Beste Grüße
–AJ
 
Last edited:
Christian klingt für mich aber nicht so nach einem Frauennamen :D Seltsam, dass Es sich als Frau bei Literotica sieht :D Ok, das musste jetzt sein, ich weiße, ich war an dieser Stelle "böse", konnte es mir aber nicht verkneifen.
 
Mein Beitrag #27, finde ich, bedarf weder eines Schlüssels, um seine Aussagen nachvollziehen zu können (Stichwort: "hermetische Prosa"), noch scheint er mir geeignet zu sein, um andere um ihre Wörter zu bringen, oder?

Was er dir damit sagen (bzw. erreichen) will, Cittadolente, ist das, was du in deinem ersten Post in diesem Thread vermutet hast:

Du hast ein ausgeprägtes Talent, auch relativ einfache Sachverhalte derart unter Worthaufen zu begraben, dass man dir am Ende Recht gibt, nur um seine Ruhe zu haben.

Tja, wer AJ nicht kennt....lernt was fürs Leben ;)
 
Bess Lamess schreibt selbst auf Facebook zum Thema:

Als Schreibender ist es unbedingt erforderlich, guten Rat anzunehmen - aber immer mit dem (anglizistischen!) Riesenfelsen Salz.

Ein Beispiel: In jedem Stil-Ratgeber für angehende Romanciers steht, dass man vage, nichtssagende Adjektive vermeiden und stattdessen konkrete, starke Adjektive verwenden soll.

Meistens ist das guter Rat.

Andererseits: In "Göttinnenspiel" heißt es an einer Stelle :

"Da baut sich hinter ihm eine Sicherheitsgöttin auf; ihre rote Uniform ist so attraktiv, wie sie einschüchtert. An ihrer Seite der Gummiknüppel macht einen tiefen, seltsam beruhigenden Eindruck."

Ein "tiefer, seltsam beruhigender Eindruck" ist alles andere als konkret. Aber genau darum geht es hier: Winston, unser armer devoter Protagonist, hat keine Ahnung, warum dieser Gummiknüppel ihn beruhigt. Einschüchterung und Beruhigung und "tiefer Eindruck" stehen sehr gezielt in unmittelbarer Nähe - aber jede Weitere Präzisierung oder Konkretisierung müsste darauf hinauslaufen, einen Teil der Geschichte zu erklären, den ich an dieser Stelle ganz sicher noch nicht erklären will - weil die Spannung des ganzen Textes unter anderem darauf aufbaut, dass dieser psychische Effekt unklar ist; und natürlich auch, weil es ein Text in personaler Perspektive ist und Winston das eben nicht weiß.

Es geht aber auch um etwas anderes: Vagheit ist "soziale Schmiere", kommunikatives Motoröl, und gibt auch Freiheit: Jeder Leser kann sich selbst ausdenken, was an einem Gummiknüppel "seltsam beruhigend" sein könnte.
 
@ Krystan & Christian Friedl alias Bess LaMess

Christian klingt für mich aber nicht so nach einem Frauennamen :D Seltsam, dass Es sich als Frau bei Literotica sieht :D
Jopp, finde ich auch interessant.
Aber festgefügte Geschlechterrollen sind ja eh schon länger unter Beschuss.

Übrigens, vermute ich, wird ihm bzw. ihr meine Kritik so ziemlich schnurzpiepegal sein, wenn ich bspw. auf diese vielsagende Stelle aus ihrem bzw. seinem Blog verweisen darf, wo Bess LaMess die nach eigenem Bekunden vage Formulierung eines "tiefen, seltsam beruhigenden Eindrucks" wie folgt rechtfertigt :
Bess LaMess im Blogeintrag "Konkrete Formulierungen" said:
Vagheit ist "soziale Schmiere", kommunikatives Motoröl, und gibt auch Freiheit: Jeder Leser kann sich selbst ausdenken, was an einem Gummiknüppel "seltsam beruhigend" sein könnte.
Offenbar findet es Bess LaMess also toll, dunkel und beliebig und letztlich nichtssagend zu schreiben.
Wer drauf steht, bitteschön.

Oder wie der Wiener sagen würde: Des fäut mi net an!

Beste Grüße
–AJ
 
Last edited:
Also erstmal danke für den Link zum (also männlichen!) Autor bessamless, AJ. Hätte ich ja eigentlich auch selbst drauf kommen können: einfach mal im Internet zu suchen.


Was ich bei dir als "hermetische Prosa" ansehe? Eigentlich wollte ich das nicht weiter erläutern, aber wenn du es partout wissen willst:

Unsere Diskussion, angefangen bei deinem ersten Kommentar-Posting direkt zur Geschichte, ist, gerafft dargestellt, wie folgt verlaufen:

1. Stufe: Du äußerst Kritik an der Story und unterlegst sie mit konkreten Beispielen (romantisches Frühstück, Domina/Nötigung)
2. Stufe: Ich zeige in einer detaillierten Textanalyse auf, dass deine Interpretationen nicht haltbar sind.
3. Stufe: Du ziehst dich wieder auf die abstrakte Ebene zurück. Gibst zu, dass meine Interpretationen möglich sind, behauptest aber, dass noch jede Menge anderer Deutungen möglich seien. Aber diese Behauptung unterlegst du nicht mehr mit Fakten. Du weichst auch der Frage aus, ob du deine vorausgegangenen konkreten Interpretationsalternativen als widerlegt ansiehst oder (ggf. aus welchem Grunde) nicht.
Durch deinen Rückzug in eine hermetisch abgeriegelte Abstraktionsfestung immunisierst du dich gegen Kritik. Niemand kann deine Glaubenssätze mehr falsifizieren, weil du dich in keiner Weise festlegst.

Mit einem Partner, der kurzerhand die Ebene wechselt, wenn er sich bei konkreten Fragen in die Enge getrieben sieht, ist freilich eine zielführende Diskussion unmöglich.
 
@ Cittadolente

2. Stufe: Ich zeige in einer detaillierten Textanalyse auf, dass deine Interpretationen nicht haltbar sind.
Dem kann ich leider nicht zustimmen.
Wie ich oben in Beitrag #27 bereits sagte, hast du vielmehr versucht, mithilfe von zusammengeklaubten Textversatzstücken gute Gründe für deine Interpretation zu liefern.

Und so etwas Ähnliches tat ich zuvor auch, wenn auch deutlich zurückhaltender, weil es mir nie darum ging, 'meine' Interpretationen, die genauso wenig "beweisbar" sind wie 'deine' Interpretationen, zu "beweisen", sondern lediglich beispielhaft aufzuzeigen, dass spielerisch auch gute Gründe (will heißen: zusammengeklaubte Textversatzstücke) für x weitere Interpretationen aufzutun sind.

All diese x weiteren Interpretationen könnte man, wie in Beitrag #27 erläutert, jetzt mit ebenso guten Gründen unterfüttern. Aber letztlich könnte man keine gegen eine andere ausspielen, wenn man so will.

Und das, denke ich, hast du daher auch gar nicht getan, ganz zu schweigen davon, dass du es ja auch überhaupt gar nicht hättest tun können.

Du hast stattdessen deine guten Gründe für deine Interpretation zusammengeklaubt und dann behauptet, dass dies die einzig angemessene Interpretation sei. Man beachte etwa die vielen 'Selbstverständlichkeiten', die du in den Beiträgen #7 und #24 einfach als gegeben annimmst:

"Die Annahme, dass gewerbliche Dominas Kaffeekränzchen für ihre Sklaven organisieren, entbehrt schon jeder Wahrscheinlichkeit." Tatsächlich? Schließlich inszenieren Dominas sogar mehrtägige Gefängnisaufenthalte für ihre Kunden!

Oder: "Es gibt auch keinen Hinweis, dass der Sklavenstatus schon zu diesem Zeitpunkt für die anderen sichtbar gewesen wäre." Tja, und es gibt auch keinen Hinweis, dass der Sklavenstatus nicht schon zu diesem Zeitpunkt für die anderen sichtbar gewesen wäre!

Oder: "Da wir es mit einem Literotica-Text zu tun haben, den die Autorin in die Kategorie BDSM eingereiht hat, spricht alles dafür, dass es sich um die Ehefrau handelt." Wie bitte schließt du gültig allein aus der Kategorie BDSM, dass es bei dominanten weiblichen Figuren in Literotica-Texten sich nicht um Dominas, sondern nur um die Ehefrauen der dominierten Männer handeln könne?

Oder: "Welche Domina würde so etwas sagen?" Die Domina, die dafür bezahlt wird, es zu sagen, warum nicht?

Oder: "Der Inhalt ist, wie die Autorin unmissverständlich klarstellt, absolut bedeutungslos." Eine unmissverständliche Klarstellung seitens Autors ist auf LIT nirgends zu entdecken: nur eine weitere 'Selbstverständlichkeit' deinerseits.

Oder: "Wir erkennen daran auch, dass er in einem ausgefeilten Regelsystem von Ver- und zweifellos auch Geboten lebt. Hier besteht ein Hörigkeitsverhältnis, keine Kundenbeziehung zu einer Domina." Seit wann schließen sich, natürlich 'selbstverständlich', ein ausgefeiltes Regelsystem aus Ver- und Geboten und eine Anwendung durch die Domina aus? Und wieso bestehe zwischen Kunde und Domina kein Hörigkeitsverhältnis (mind. für die Zeit der Session)? Zudem: Die Komplexität und Dauer der Session ist im Grunde nur von den Wünschen und monetären Ressourcen des Kunden begrenzt. Wenn ein ausgefeiltes Regelsystem aus Ver- und Geboten sein Wunsch ist, dann bekommt er das bei einer guten Domina auch, ebenso wie ein glaubhaftes Hörigkeitsverhältnis!

Oder: "Wir haben es mit einer [Ehe-]Dauerbeziehung zu tun[:] 'sollte es schon gelernt haben'" Warum sollte diese Dauerbeziehung nicht auch zu einer Domina bestehen können? Wenn sie so gut ist, wie er es sich wünscht, dann gibt es keinen Grund, der für ihn dagegen spricht, nicht öfter sie zu besuchen (solange er es sich leisten kann, und dagegen, dass er es sich leisten kann, spricht auch nichts!). Außerdem: Genauso gut könnte dieses "sollte es schon gelernt haben" Element des Spiels sein, nach dem der Kunde verlangt. Das Spiel des zu bestrafenden, renitenten "Kindes", wie du selbst sagst: "Sie bestraft ihn, wie man ein Kind bestraft."

So, ich denke, das reicht zunächst zur Illustration meiner These, dass 'deine' guten Gründe nichts nützen, weil sie genauso 'meine' guten Gründe und die guten Gründe von x weiteren (an dieser Stelle nicht illustrierten) Interpretationen sind.

Daher meine allgemeinen oder abstrakten Ausführungen: Aus ihnen ergeben sich notwendige Konsequenzen für unsere partikulare oder konkrete Argumentation. Denn wenn der Text so beliebig ist, dass keine validen interpretativen Aussagen möglich sind, dann macht es auch keinen Sinn, sich nicht-valide interpretative Aussagen um die Ohren zu hauen, mit dem irrenden Ziel am Ende die eine 'richtige' (oder 'falsche') Interpretation zu finden. Die gibt es in diesem Fall nicht. Denn in diesem Fall gibt es gewissermaßen überhaupt keine 'richtigen' (oder 'falschen') Interpretationen. Dank der entgrenzten Ambiguität des Texts gilt: Anything goes!

Niemand kann deine Glaubenssätze mehr falsifizieren, weil du dich in keiner Weise festlegst.
Nein, ich lege mich schon fest. Meine These zum Thema "Interpretation" habe ich ja in diesem Beitrag zum wiederholten Male erläutert.

Das Problem ist, dass der Text sich nirgends (implizit oder explizit) hinreichend festlegt.

Beste Grüße
–AJ
 
Last edited:
Nein, ich lege mich schon fest. ...

Das Problem ist, dass der Text sich nirgends (implizit oder explizit) hinreichend festlegt.

Nein, Auden, DU legst dich nicht fest. Du legst dich nicht einmal aufs Nicht-Festlegen fest, was der Hauptkritikpunkt an deiner Argumentation ist.

Sicher, der Text ist, rein faktisch, beliebig interpretierbar. Nur dass du in deiner anfänglichen Kritik eben mit Aussagen wie "romantisches Frühstück" dich auf EINE Interpretation des Textes festgelegt hast. Die du nicht halten konntest und bisher nicht halten kannst. Die Behauptung, der Text könne das AUCH bedeuten, ist eben keine Festlegung, sondern nur eine Deutungs-Vermutung. Eine Festlegung wäre, wenn du die Gründe aufzeigst, die eher für deine Interpretation sprechen, weshalb du zu dieser Interpretation greifst. Das macht Cittadolente, dessen Interpretation du bisher nicht widerlegt hast.

Warst du es nicht, der mal gesagt hat, eine Aussage sei solange war, bis das Gegenteil bewiesen ist? Danach ist Cittadolentes Interpretation wahr, denn nur weil du sagst, man könnte das auch anders sehen, heisst das nicht, dass du seine Interpretation widerlegt hast, denn widersprechen tut sie sich nicht.
 
- "BESSER ALS ICH SELBST" von "besslamess"


So, nachdem im PCB und hier schon vieles über die Story geäussert wurde, möchte ich in einem etwas ausführlicheren Posting noch einmal meine Sicht der Story darlegen, und zeigen, für welche Deutung(en) der Text meiner Meinung nach Belege liefert und für welche nicht.

Nebenbei: Ob "besslamess" nun eine Frau ist oder ein Mann (Ich hab mir ihre?/Seine?) Homepage angesehen): Ich halte mich an die Angaben im LIT-Profil, und da steht "Female."

"Entgrenzte Ambiguität"; also Mehrdeutigkeit, Vieldeutigkeit; wurde dem Text bescheinigt.
Das sehe ich nicht so.
Er ist meines Erachtens ziemlich klar zu deuten.

Fehlt tatsächlich "Liebe als motivierendes Element" in dieser Story, und macht sie das weniger glaubhaft?
Wir werden sehen.

Übrigens: "Auden" hat die Eingangssequenz der Story umgeschrieben (in einem Kommentar im PCB), um sie plastischer, bildhafter erscheinen zu lassen.
Das ist ihm hervorragend gelungen.

So, was wird erzählt?

Der Text gliedert sich in 2 Sinnabschnitte:
a) Ein Mann- er hat eindeutig den submissiven Part -ist alleine in einem Zimmer einer Bestrafung ausgesetzt und denkt über seine Situation nach.
b) Seine "Göttin"- so nennt er die weibliche HP- kommt zurück und es kommt zwischen beiden zu einem Dialog.

Zu a)
Ein Mann ist in einem Zimmer in einer submissiven Haltung/Situation. Im Nebenzimmer sind Leute. Bei diesen Leuten handelt es sich um "Seine Göttin" und ihre Freundinnen, wie wir im Laufe der Schilderung erfahren.
Er soll darüber nachdenken, was er falsch gemacht hat. Er hat also etwas falsch gemacht, und wird dafür bestraft. Was er falsch gemacht hat, erfahren wir erst später in Teil b).

In Teil a) erfahren wir aber, dass das Vergehen eigentlich sekundär ist.
Er würde so oder so bestraft werden, äussert der Mann.
Diese kurze Schilderung legt den Schluß nahe, dass es sich hier um ein S/M-Verhältnis handelt, bei dem der Mann den passiven und die Frau den dominanten Part hat.
Und wir erfahren noch mehr.
Er fühlt sich durch das Weggeschicktwerden gedemütigt vor den Freundinnen "Seiner Göttin."
Das Verhältnis muss also schon länger bestehen, und der Freundeskreis muss sich schon länger kennen.

Und: Die Situation des Mannes muss früher einmal eine andere gewesen sein.
(Zitat: "Die Demütigung des Weggeschicktwerdens vor anderen, die mich noch als freien Mann gekannt haben").

Wir erfahren im Laufe von Teil a) ebenfalls, dass sich der Mann in einer ambivalenten Gefühlslage befindet.
Er rebelliert innerlich gegen seine Situation; ja, er beschliesst sogar, sie zu beenden.
(Zitat: "Ich werde sie verlassen. Für immer.")

In Teil a) erfahren wir nichts Näheres über das Verhältnis der beiden.
Ob sie ein Ehepaar sind? Ob es sich um eine professionelle Domina handelt und bei ihm um einen Kunden?
Darüber gibt der Text keinerlei Aufschlüsse, weshalb Spekulationen darüber müßig sind.
Sie führen nicht weiter.
Aufschlüsse darüber bekommen wir übrigens auch nicht in Teil b) der Geschichte.

Sicher wissen wir nach Teil a) der Story, dass der Mann in einer ambivalenten Gefühlslage gegenüber der Frau ist, und sie verlassen will.
Sicher wissen wir ebenfalls, dass er starke Gefühle für die Frau hat.
"Göttin" nennt man nur eine Frau, für die man viel empfindet.
Das kann eine Ehefrau sein, muss es aber nicht sein.

Teil b)
Nun tritt die Frau hinzu (Er spürt ihre Hand plötzlich auf seiner Schulter)

Sie will wissen, ob er den Grund des Wegschickens inzw. erkannt hat, was er bejaht.
Er hat den Gouverneur einen Ex-Alkoholiker genannt.
Damit hat er zwar die Wahrheit gesagt, aber das ist nicht der Punkt, um den es "Seiner Göttin" geht.
Der Punkt ist, dass er sie damit vor ihren Freundinnen blamiert hat, und dass er durch die Strafe lernen soll, sich zu beherrschen.
"Seine Göttin" macht auch deutlich, dass dies alles nur zu seinem Besten geschieht.
("Du bleibst doch nicht stehen. Du wirst besser.")

Teil b) und damit die Story endet damit, dass der Mann- nachdem er eine Nacht getrennt von ihr schlafen muss- "Seiner Göttin" am nächsten Morgen das Frühstück machen wird, und da nimmt er sich einiges vor, was in den Schlußsätzen zum Ausdruck kommt: "Das Frühstück wird so sein, wie sie es sich wünscht, und besser als das. Ab morgen diene ich ihr besser als irgendein anderer das könnte. BESSER SOGAR ALS ICH SELBST."

Auffällig: Titel und Schlußsatz der Story sind identisch.
Was soll uns das sagen?
Er will über sich hinaus wachsen???
Meint er mit "...als ich selbst" den freien Mann, der er früher war?

Nun, der Schluß sagt uns eines ziemlich sicher: Er hat sein Vorhaben aus Teil a)-nämlich die Frau zu verlassen- aufgegeben.
Jedenfalls will er sie nicht am nächsten Tag verlassen.
Da will er mit einem für sie gemachten Frühstück glanzen (Das übrigens nicht näher ausgemalt wird. Für ein "romantisches Frühstück" liefert der Text keinen Anhaltspunkt. Also halten wir uns doch einfach an ein ganz normales Frühstück).

Welches Fazit ziehe ich nun aus der Story?
Geschildert wird eine Momentaufnahme. Wir sind mit dem ersten Satz gleich drin im Geschehen.
Über die Frau erfährt man in der ganzen Story nicht sehr viel,-nichts über ihre Motivation, nichts näheres über ihre Gefühle für den Mann,etc..- was ich nicht als Nachteil sehe.
Es gibt eigentlich nur eine Stelle, wo wir positive Gefühle der Frau für den Mann herauslesen können, und zwar ihre Äusserung, dass alles, was sie mit ihm tut, nur zu seinem Besten und für seine Entwicklung geschieht.
Das ist sehr wenig, aber nach meinem Dafürhalten nicht nachteilig.

Warum?

Nun, weil der Fokus der Story ganz klar auf dem Mann liegt, und über diesen erfahren wir meines Erachtens genug.

Es ist- und das war schon meine Einschätzung in meinem Kommentar im PCB- die Schilderung einer hörigen Liebe eines Mannes zu einer Frau.

Das bedarf keiner Erklärung.
Diese hörige Liebe IST einfach.

Wir erfahren zwar nicht, wie sich diese hörige Liebe entwickelt hat- über das Kennenlernen der Beiden, über ihre Vorgeschichte wird nichts erzählt- aber wir erfahren genügend über die Gefühlslage des Mannes.
Diese hörige Liebe des Mannes zu "Seiner Göttin" wird von "besslamess" einfach dargestellt, und ich finde, es wird sehr lesenswert und überzeugend dargestellt.

lg
"rosi" (Johannes)
 
Last edited:
@ rosettenfreak

Es ist [...] die Schilderung einer hörigen Liebe eines Mannes zu einer Frau.
Und der nächste wirft seine Interpretation auf den großen Haufen aus frei wählbaren Deutungen, yeah!

Wer will nochmal, wer hat noch nicht? ;-p

Diese hörige Liebe des Mannes zu "Seiner Göttin" wird von "besslamess" einfach dargestellt, und ich finde, es wird sehr lesenswert und überzeugend dargestellt.
Also dem, an dieser Stelle geht's ja Gottseidank nicht länger um irgendwelche Interpretationen, würde ich zustimmen, obschon in anders akzentuierter und abgeschwächter Form: Die Liebe (oder vielleicht auch 'nur' emotionale Hingezogenheit), die der Mann nach der Bestrafung durch seine "Göttin" für seine "Göttin" empfindet, ist recht überzeugend erzählt und das Erzählte insgesamt nicht gänzlich ohne Genuss zu Lesen.

Beste Grüße
–AJ
 
Last edited:
@Auden

Und der nächste wirft seine Interpretation auf den großen Haufen aus frei wählbaren Deutungen, yeah!

Wer will nochmal, wer hat noch nicht? ;-p


Also dem, an dieser Stelle geht's ja Gottseidank nicht länger um irgendwelche Interpretationen, würde ich zustimmen, obschon in anders akzentuierter und abgeschwächter Form: Die Liebe (oder vielleicht auch 'nur' emotionale Hingezogenheit), die der Mann nach der Bestrafung durch seine "Göttin" für seine "Göttin" empfindet, ist recht überzeugend erzählt und das Erzählte insgesamt nicht gänzlich ohne Genuss zu Lesen.

Beste Grüße
–AJ


Hi,

Mit Verlaub, der erste Satz deines Postings 46- eine Erwiderung auf eine Einschätzung der Story meinerseits in P 45- ist leicht irritierend und meines Erachtens nicht richtig, und ich erläutere kurz, warum.

Auf meinen Satz in P 45 "Es ist [....] die Schilderung einer hörigen Liebe eines Mannes zu einer Frau"
antwortest du in P 46: "Und der nächste wirft seine Interpretationen auf den grossen Haufen aus frei wählbaren Deutungen, yeah!"

Das ist nicht richtig.
Meine Deutung- dass die Story im Kern die hörige Liebe eines Mannes zu einer Frau schildert; dass sie genau das darstellen will- ist keineswegs frei gewählt, sondern aus dem Text begründet, wie ich in meinem P 45 versucht habe, zu zeigen.
Die starken Indizien und Belege dafür stehen im Text.


Literatur ist vielleicht nicht ganz einfach. Aber sie ist auch nicht annähernd so kompliziert, wie sie von manchen gelegentlich gerne gemacht wird.

Und das gilt erst Recht für LIT-Stories.
Es sind keine Parabeln biblischen Ausmaßes oder rätselhafte Zen-Koans, die zig lange literaturtheoretische Abhandlungen und Interpretationen nötig hätten, um sie zu verstehen.
Das gilt auch für "Besser als ich selbst" von "besslamess."

Und wenn dir der Begriff "Liebe" nicht passend,weil vielleicht zu stark erscheint für die in "Besser..." geschilderte Beziehung; okay: Dann von mir aus deine "Emotionale Hingezogenheit."
Aber vielleicht trifft es auch das noch nicht wirklich???
Na, dann nehmen wir doch "Ungewöhnlich starke Sympathie mit submissiver erotischer Komponente."

"Wer will nochmal, wer hat noch nicht?", frägst du in deinem Posting 46.
Nun, ich schätze, du wahrscheinlich, "Auden?"
Oder "Cittadolente?"
Oder...???
Schau mer mal...(Lach)

lg
"rosi" (Johannes)
 
Last edited:
Danke für deine ausführliche Analyse, Johannes.
Dazu einige Korrekturen bzw. Anmerkungen:

Die Bestrafung erfolgt NICHT unabhängig vom konkreten Vergehen. Seine Aussage "bestraft werde ich so und so" bezieht sich auf seine Fehlereinsicht:
"Schnell nachdenken, schnell die Lösung finden. Wozu? Bestraft werde ich so und so."

Er hat seine Frau nicht mit der Aussage über den Gouverneur als solcher blamiert, sondern dadurch, dass er [ungezogener Bub sozusagen] mit dieser (inhaltlich für die Story bedeutungslosen) Aussage ihre Freundin Claudia beim Sprechen unterbrochen hat (die Blamage der "Göttin" liegt also darin, dass sie es bislang nicht geschafft hat, dieses Subjekt anständig zu erziehen).


"Ob sie ein Ehepaar sind? Ob es sich um eine professionelle Domina handelt und bei ihm um einen Kunden? Darüber gibt der Text keinerlei Aufschlüsse, weshalb Spekulationen darüber müßig sind."

Ehepaar oder Lebensgefährtin ist in der Tat nicht zu klären und unwichtig für die Interpretation. Dagegen ist Ehepaar/Lebensgefährtin vs. Domina ZENTRAL für die Deutung.
Es ist der Unterschied zwischen Liebesbeziehung und kommerzieller Beziehung (die sich natürlich aus Sicht des Mannes auch als Liebe darstellen mag, objektiv aber eben keine Liebesbeziehung, sondern eine einseitige Objektfixierung wäre).
Die Annahme, dass hier eine Domina zugange ist, würde die Story killen, bzw. würde aus einer poetischen eine pornographische Geschichte machen [vgl. die schöne und zutreffende Unterscheidung im Blog-Eintrag "Erotische Erzählungen vs. Pornographie" des Autors (er verwendet dort übrigens den Ausdruck "Domina", aber das offenbar nicht im technischen Sinne, sondern im Sinne von "Herrin")].


"Für ein "romantisches Frühstück" liefert der Text keinen Anhaltspunkt. Also halten wir uns doch einfach an ein ganz normales Frühstück."
Nein: a) eine Entscheidung gegen romantisches Frühstück nicht deshalb, weil der Text dafür keinen Anhaltspunkt liefert, sondern weil sämtliche Anhaltspunkte des Textes ausdrücklich dagegen sprechen (nur IHR muss es gefallen; DIENEN will er) b) kein normales Frühstück, sondern eins, bei dem erneut das Dominanzverhältnis ins Spiel kommt (allerdings ist diese Frage letztlich unwichtig für die Interpretation).


In der Schlussfolgerung stimme ich dir größtenteils zu: Der Text schildert die hörige Liebe eines Mannes zu einer Frau. Im Fokus der Darstellung stehen eindeutig die Gefühle des Mannes.

Allerdings wird auch die Frau als eine Fühlende charakterisiert, die dem Protagonisten bei aller Strenge doch auch mit Zärtlichkeit begegnet. Sie ist mithin (für einen literarischen Text: ) eindeutig als (ebenfalls) Liebende charakterisiert. Alle Indizien sprechen dafür und somit zugleich dagegen, dass es sich um eine Person handelt, die hier gegen Bezahlung eine bestimmte Rolle spielt:
Die Dauer der Beziehung.
Sätze wie:
Diese sanfte Stimme. Ihre Hand reicht mir ein Taschentuch.
Ihre Hand fährt mir sanft über die Wange, dann zwickt sie mich spielerisch.
Wo wir gemeinsam waren. Woher weiß sie so genau, wie sie sich in meine Seele schleicht?
Ihre Augen sagen Bewunderung, Mitfühlen und Trost.
Sie legt mir den Finger leicht auf den Mund.

Mein Liebster, komm... mach dir selbst keine Vorwürfe. Wenn du Fehler machst, bestrafe ich dich, damit du lernst, dich zu benehmen. Denke immer daran, daß du es das nächstemal besser machst. Du entwickelst dich doch. Du bleibst ja nicht stehen. Ich sehe doch, wie du dich bemühst. Und ich weiß, daß du es für mich machst, und es macht mich so verdammt stolz.
Ein ganzer Absatz voller (herber) Zärtlichkeit. Sie ist stolz auf ihn; sie nennt ihn sogar ausdrücklich "Liebster". Wer angesichts dieser Worte (und der o. a. weiteren Indizien) noch eine Domina als Möglichkeit sieht, unterstellt dem Autor, dass er uns täuschen wollte. Welche Indizien gibt es für einen solchen Täuschungsversuch? Nicht ein einziges!

Wir reden hier nicht als Juristen über einen Kriminalfall und ein mögliches Todesurteil, wo man absolute Gewissheit verlangen muss.
Literarische Interpretation muss und kann lediglich alle Indizien zusammentragen und aus diesen zu erschließen suchen, welche Richtung der Autor dem Text geben wollte.
Wer sich auf die Hinterbeine stellt und literarische Texte mit der Prämisse angeht:
"Wenn was nicht ausdrücklich im Text steht, darf ich nach Belieben alles für möglich halten"
bewegt sich jenseits des literarischen Diskurses.

Wenn man das Textgewebe insgesamt betrachtet, dann gibt es keinen "Haufen frei wählbarer Deutungen", AJ.
Ich habe meine Interpretation nicht aus "zusammengeklaubten Textversatzstücken" abgeleitet, sondern stringent aus einem reichhaltigen Indiziengeflecht.
Von daher hast du keineswegs dasselbe getan: nirgends hast du deine Domina-/Nötigungs-Hypothese, oder dein romantisches Frühstück durch die Zusammenschau einer Fülle von Textpassagen abgesichert. Im Gegenteil: Dass du im Nachbarzimmer einen Gouverneur vermutest zeigt, dass du schon auf der Faktenebene in der Erzählung etwas falsch verstanden hast.

Selbstverständlich kannst du jedes einzelne Indiz zerpflücken; z. B. kann auch eine Domina ihren Freier "Liebster" nennen. Das ist ja gerade das Wesen von Indizien, dass sie ihre Beweiskraft "jenseits jeglichen vernünftigen Zweifels" (wie Juristen sagen würden) erst in der Summe entfalten.
Aber um deine Gegenthese zu beweisen, verzichtest du nicht nur auf eine Deutung, welche die textinternen Bezüge und die Summe der Informationen einbezieht, die sich daraus ableiten lassen.
Du greifst darüber hinaus willkürlich einzelne von mir genannte Indizien heraus und blendest andere aus, von denen ich z. B. folgende genannt habe (und die ich jetzt oben noch einmal erweitert habe durch Zitate der Schilderung ihrer liebevollen Gesten usw.):

"Das Verhältnis zwischen ihm und seiner Herrin (für mich zweifelsfrei: Ehefrau) hat sich im Laufe der Zeit geändert. Früher ..... war er gleichberechtigter Partner, "freier Mann", jetzt ist er Sklave.
b) Er rebelliert innerlich. Bei einer bezahlten Domina wäre er nicht in dem Zwiespalt zwischen Gehorsam und Rebellion. Er ist ja nicht gefesselt, könnte sich jederzeit bewegen oder die Vertragsbedingungen ändern. Die Fesseln sind in seinem Kopf.
Gegen eine Domina spricht auch der Umstand, dass wir es nicht mit einer ritualisierten Strafhandlung zu tun haben, sondern mit einer Spontan-Bestrafung. ..... Hier hatten wir ein Kaffeekränzchen, fröhliches Geplauder, keinerlei Gedanke an Sklaverei und Bestrafung: Es gibt auch keinen Hinweis, dass der Sklavenstatus schon zu diesem Zeitpunkt für die anderen sichtbar gewesen wäre: Der Sklave hat ganz (zu!) unbefangen an dem Gespräch der Damen teilgenommen. Die Strafe kommt über ihn wie ein Blitz aus heiterem Himmel.
"

Meine Feststellung
"Es gibt auch keinen Hinweis, dass der Sklavenstatus schon zu diesem Zeitpunkt für die anderen sichtbar gewesen wäre"
hat keine Beweisfunktion für meine These. Ich stelle damit lediglich (vorbeugend) klar, dass die vom Autor geschilderte Kaffeekränzchen-Situation keinen Anhaltspunkt für eine "Domina" hergibt. Weil mein Satz keinerlei darüber hinausgehende Beweisfunktion hat kann deine (zutreffende) Feststellung
"Tja, und es gibt auch keinen Hinweis, dass der Sklavenstatus nicht schon zu diesem Zeitpunkt für die anderen sichtbar gewesen wäre!"
nichts widerlegen, was ich behauptet hätte.

Was wir über diese Plauderrunde definitiv wissen, spricht allerdings indiziell dagegen, dass er als Sklave daran teilgenommen hätte: er hätte dann wohl kaum so unbefangen drauflos geplaudert und wäre Claudia nicht ins Wort gefallen (Indiz - kein Vollbeweis!).

Für meine vorliegende Argumentation ist es nur eine Marginalie, aber es charakterisiert deine Vorgehensweise, dich vom konkreten Text (bei bessamless oder bei mir) zu entfernen und nur jenen Teil zu behandeln, den du dir willkürlich rauspickst, wenn du sagst:
"Der Inhalt ist, wie die Autorin unmissverständlich klarstellt, absolut bedeutungslos." Eine unmissverständliche Klarstellung seitens Autors ist auf LIT nirgends zu entdecken: nur eine weitere 'Selbstverständlichkeit' deinerseits."
Ich hatte insoweit formuliert:
"Daß der Gouverneur ein Alkoholiker ist. Ex-Alkoholiker." = Warum, AJ, verbeißt du dich (schon in deinem 1. Kommentar) nur so in diesen Satz? Der Inhalt ist, wie die Autorin unmissverständlich klarstellt, absolut bedeutungslos. "Ich habe Claudia unterbrochen." = DAS ist es, worauf es ankommt, darin liegt sein Fehlverhalten: Nicht darin, was er gesagt hat, sondern dass er es in einem unpassenden Moment gesagt hat."
Auch die einschlägige Textpassage hatte ich (gestrafft) zitiert:
"Ich habe gesagt... Daß der Gouverneur ein Alkoholiker ist. Ex-Alkoholiker. ... das stimmt ja. Aber... Ich habe Claudia unterbrochen."
Ist das KEINE unmissverständliche Klarstellung, dass der Held für das Unterbrechen Claudias bestraft wird und nicht etwa für den Inhalt seines Satzes?

Das meine ich eben mit deinem "hermetischen" Denken und Argumentieren: Du schließt den Text selber aus deiner Betrachtung aus und referenzierst nur noch, was du davon im Kopf hast. Und in deinem Kopf speicherst du lediglich das, was deinem vorformulierten Urteil entspricht, alles andere verdrängst du.
Du spekulierst, Johannes und ich interpretieren.
Du lehnst dich zurück und sagst: Indizien interessieren mich nicht, ich verlange, dass mir der Autor präzise sagt: Diese ist die Ehefrau, jener ihr Mann usw.

Hätte bessamless durchaus machen können, etwa so:

"Die Hand meiner Ehefrau legt sich warm auf meinen Rücken, genau zwischen die Schulterblätter."

Und kaputt wäre sie gewesen: die ganze Stimmung, die der Autor so liebevoll aufgebaut hat. Aus einer erotischen wäre eine pornographische Geschichte geworden - allein durch die mikroinvasive Einführung der Ehefrau!

Wie sagst du doch aktuell so trefflich in deinem Kommentar zu "EVA 01"?
"Berichte langweilen mich ... und wenn mir der werte Autor bereits im ersten Absatz die Steckbriefe der handelnden Figuren an die virtuelle Leserstirn nagelt, so von wegen Alter, körperliche (Aus-)Maße, Dauer der (bisherigen?) Beziehungen usw. ..... dann drängt sich mir der Eindruck auf, dass ich einmal mehr irgendeinem todspannenden Bericht irgendeines Bettenfürsten fortgeschrittenen Alters aufgesessen bin."

Erinnere dich einfach an diese deine eigenen Beurteilungskriterien, bevor du bei "Besser ..." die (angebliche) Uneindeutigkeit rügst!
 
Last edited:
"Die Hand meiner Ehefrau legt sich warm auf meinen Rücken, genau zwischen die Schulterblätter."

Und kaputt wäre sie gewesen: die ganze Stimmung, die der Autor so liebevoll aufgebaut hat. Aus einer erotischen wäre eine pornographische Geschichte geworden - allein durch die mikroinvasive Einführung der Ehefrau!

Das solltest du jetzt mal genauer erklären bitte. Also der Text hat in meinen Augen überhaupt kein Potenzial für eine pornographische Geschichte, sofern du Psychospielchen nicht neuerdings als Pornographie bezeichnest.
Vielleicht wäre dadurch für dich der erotische Kick verloren gegangen, während bei anderen vielleicht genau dieser Satz einen solchen auslösen würde.
Vielleicht wäre es dadurch die Geschichte auch für den geneigten Leser abgeflacht worden, und er könnte nicht mehr so viel Kaffeesatz lesen.

Ich kann jedoch in keiner mir bekannten Definition erkennen, wo die Erweiterung eine Geschichte Pornographisch gemacht hätte. Wenn du Ehefrau durch z.B. Schwester/Mutter/Tante ersetzt, hätte man daraus vielleicht eine Inzestgeschichte machen können, aber auch hier wäre es eher eine spirituelle Geschichte.
 
Das solltest du jetzt mal genauer erklären bitte. Also der Text hat in meinen Augen überhaupt kein Potenzial für eine pornographische Geschichte, sofern du Psychospielchen nicht neuerdings als Pornographie bezeichnest.

Okay, ich habe vielleicht ein wenig übertrieben, wenn ich aus der expliziten Einführung der Ehefrau einen Kategorienwechsel der Geschichte folgere.
Eine deutliche Qualitätsminderung, ein großer Schritt in Richtung Banalisierung wäre es für mein Empfinden aber allemal gewesen.


Im Übrigen habe mich mir einige Geschichten auf der Homepage des Autors (die momentan offline ist - ??) angeschaut. Die sind auch nicht schlecht, begeistern mich aber nicht entfernt so wie diejenigen beiden Texte, die er für Lit (klug) ausgewählt hat.

Vor allem hätte ich mehr Bandbreite erwartet, mehr - Literatur eben.
So wie die Dinge stehen habe ich allerdings das Gefühl, dass der Autor (im Internet auch unter betlamed oder beitlamed aktiv) dann doch sehr stark (für einen guten Schriftsteller: allzu stark) von seiner persönlichen sexuellen Phantasiewelt (zentral anscheinend: Keuschheit/Keuschhaltung) beeinflusst bleibt.

Das beeinträchtigt wohl nicht die Qualität seiner Geschichten, mindert aber deren thematische Spannweite, und diese Spannweite ist natürlich ebenfalls ein Qualitätskriterium, wenn ich einen Schriftsteller insgesamt beurteilen will.


Nachtrag: Webseite von Christian Friedl / Bess Lamess ist wieder zugänglich.
Die (längere) Geschichte "Männerrunde oder Wolfgang und die starken Frauen" ist allerdings noch köstlich, auch wegen der sprachlichen Ebene (ein einfach strukturierter devoter Mann schildert seine "Behandlung" im Wiener Dialekt).
 
Last edited:
Back
Top