Eine Lieblingsgeschichte: Tradition und Ehre

Es hat ein wenig gedauert, aber ich mache fast immer fertig was ich angefangen habe - irgendwann :) Und ich muss die Zeit fürs Schreiben recht aufwändig vor meiner Familie verstecken - daher stehe ich an einem Samstag um vier Uhr morgens auf und schleiche mich an den Computer :) Die Neugier, was du aus der ersten Fassung gemacht hast, hat mich getrieben :)

Die zweite Fassung hat mir in praktisch jeder Hinsicht noch besser gefallen. War sie füher (nach meinem Gefühl) hinten raus ein wenig zu kurz gemessen an dem Kennenlern- und Handy-Chat Teil, ist sie jetzt schön in die Balance gekommen. Die neuen Passagen tun ihr gut.

Mein einziger (kleiner) Kritikpunkt ist geblieben: der Aufhänger der Geschichte ist doch, dass sich Kimiko wegen der "japanischen Kultur" und der auf uns rückständig wirkenden Traditionen ihrer Eltern (oder war nur der Vater die treibende Kraft ...?) so zurückhaltend gibt. Da wäre es interessant gewesen, mehr Details darüber zu erfahren, wie denn genau diese Kultur das was sich da zwischen Max und Kimiko anbahnt sieht. Hat denn "Liebe" bei den Japanern überhaupt keinen Stellenwert? Ich wüsste gerne, warum die Eltern, die immerhin schon x Jahre in Deutschland leben, es sinnvoll finden, ihre Tochter nach Japan zu verheiraten. Was genau machen die, aus welcher Gesellschaftsschicht stammen sie? Wollen sie wieder dahin zurück, sind sie irgendwie nie richtig in Deutschland angekommen, leben sie als "japanische Enklave" auf Zeit hier? Erhoffen sie sich Vorteile, wenn ihre Tochter in Japan mit einem Sohn aus einer einflussreichen Famiulie verheiratet ist? Oder wäre Max als Handwerker für sie schlicht keine angemessene Partie? Gesetzt, sie wollen bleiben, was schert sie dann, was man in Japan über sie denkt? Gesetzt, sie wollen nicht bleiben, würden sie im Zuge der Heirat nach Japan zurückkehren wollen? Fürchten sie, wenn sie ohne Klimiko zurückgehen, Sanktionen? Oder gibt es andere Familienmitglieder, die noch in Japan leben, die dann in "Sippenhaft" genommenw erden könnten? Oder geht es einfach ums Prinzip? Sind das die Prinzipien eines recht rückständigen Vaters, oder sind die alle so? Was sagt denn die neue Frau dazu? Hat sie überhaupt etwas mitzureden? Wie schon angemerkt, auch eine nähere Bescheibung, wie Kimikos Eltern, vor allem der Vater, genau ticken, hätte ich mir gewünscht. Ist er einfach nur doof rückständig, oder hat er gute Gründe? Und wie geht es Kimiko dabei, mit ihm, möglicherweise auf Lebenszeit, zu brechen? Würde sie "ihren Papa" vermissen, oder ist sie froh, den "verbohrten Despoten" endlich auf Distanz zu haben?

Zu diesem Themenkreis hätte ich gerne noch eine, zwei Seiten mehr gelesen :)

Sunny.

P.S. Wo hast du eigentlich das Cover für dein EBook her? Es passt wie angegossen :)
 
Last edited:
Hallo Sunny,

vielen Dank für die ausführlichen Gedanken!

Das Cover habe ich mittels Midjourney generieren lassen. Als die AI Bildgeneratoren vor ein paar Monaten populär geworden sind, hatte ich mit diesem einmal experimentiert. Bei der Suche nach einem Motiv habe ich versucht, ein Cover für diese Geschichte zu erzeugen. Leider ist die Kontext Erkennung der AI nur bedingt gut.
Inzwischen lasse ich die großen AI Generatoren alle links liegen, da die Herkunft der Trainingsbilder ungeklärt ist. Es gibt open source AI Generatoren bei denen man selbst entscheiden kann, auf der Basis welcher Modelle man die eigenen Bilder erzeugen lassen möchte.

Zu der Frage der Tradition und Ehre in meiner Geschichte: Bewusst habe ich die Geschichte nur aus Max' Perspektive geschrieben. Er kann nur über das nachdenken, was sie ihm sagt. Und bis zum Schluss vermeidet er, das Thema der Zwangsverheiratung tiefer anzusprechen. Er ist auf der einen Seite hilflos und auf der anderen Seite hat er Angst, sie zu verlieren, wenn er versucht, das mit ihr auszudiskutieren. Er sucht stattdessen seinen eigenen (Aus)weg.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass diese Art der Einstellung der Eltern für uns nicht zu verstehen ist. Sie ist so und darüber zu diskutieren bringt nichts. Es spielt keine Rolle ob Vater, Mutter oder beide so denken. Das hätte ich noch etwas mehr thematisieren können.

VG, TiW
 
Hallo @TiefImWesten ,

sorry, bin etwas hinterher.
Ist die überarbeitete Fassung mittlerweile online?

Lieben Gruss
Mayia
 
Eine lange Geschichte, ohne „Längen“

Sehr behutsam und einfühlsam beschrieben. Für mich hat es ein wenig Zeit gekostet, mich an den „Kalenderstil“ zu gewöhnen, aber er ist der Handlung angemessen. Nur an wenigen Stellen hat die überarbeitete Fassung noch Schwächen, die den Lesefluss zwar nicht unterbricht, aber doch kurz bei mir ein Aufzucken auslöste. Du hast im Prolog in mehreren Folgesätzen immer wieder kurz aufeinander folgend das Wort „hatte“ verwendet:
Ihr Alter konnte ich schwer schätzen, da sie, ihrem Aussehen nach, Vorfahren aus Fernost hatte. Sie hatte tiefschwarze, glatte Haare, die sie mit einem Haarband zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Sie hatte ein rundliches Gesicht, feine schwarze Augenbrauen und trug eine Brille mit runden Gläsern und dünnem Rand. Sie hatte wirklich ein süßes Gesicht!

In diesem Moment hatte sie vermutlich jemand angesprochen, denn…
aus meiner Sicht sehr unschön, aber, wenn man diese Klippe geschafft hat, ist es verschmerzbar :)

Ansonsten ein sehr schöner Handlungsverlauf mit einem ausreichenden Spannungsbogen.

Mich persönlich hätte noch interessiert, wie der Vater von Max den anstürmenden Vater ausgebremst hat. So intensiv, wie die Familie auf Tradition und Ehre bedacht ist, kann ich mir nicht vorstellen, dass er sich mit einem kurzen Satz wirklich hat „abspeisen lassen“

Cheers und frohe Weihnachten
 
Last edited:
Hallo @TiefImWesten,

jetzt habe ich es endlich geschafft deine Geschichte zu lesen.
Das liegt vor allem an mir und meiner Zeit und natürlich an der Länge.

Was soll ich sagen, die Geschichte ist natürlich wunderbar erzählt, auch wenn ich bis zum Schluss auf das No-Happy-End gehofft habe.

Die Geschichte ist so ruhig erzählt, dass es mir manchmal echt schwer fiel voranzukommen, da sie sich sehr von meinen Schreib- und Lesegewohnheiten unterscheidet. Das ist nur eine Feststellung.

Auch thematisch bin ich sehr weit von dem Thema und der Grundsituation beider Charaktere entfernt. Das hat das Vorankommen ebenfalls nicht immer einfach gemacht.

Trotzdem wollte ich wissen wie es ausgeht!

An der Handlung habe ich wenig auszusetzen, die ist in sich sehr stimmig. Alles fließt stanz langsam und stetig vor sich hin.
Ein Höhepunkt ist die Szene in der Schule bei der Zeugnisübergabe. Da habe ich mitgefiebert und es kam richtig Spannung auf. Da hab ich mich mehr mit abgeholt gefühlt.

Also, grundsätzlich eine wunderbare Erzählung. Die Bewertung spricht ja auch für sich.


Zur Kritik, über die du dich vielleicht auch freust.
Hier ein paar kleine Punkte:

An manchen Stellen verlierst du dich in unnötigen Detailerklärungen. Zum Beispiel wie genau er ihr das Handy präpariert, dass das Foto genug Pixel für ein Poster hat, etc. Das alles kann man sich als Leserin sehr gut selbst zusammenreimen. Und bei eh schon so viel Inhalt, hätte eine Straffung gutgetan.

Eine Geschmackfrage ist sicherlich die Kommunikation und die Erotik über den Nachrichten-Austausch. Der ist gut geschrieben und passt ansich. Es erinnert mich stellenweise aber zu sehr an so eine Cyber-********-Rollenspiel-Kommunikation, die meine Erregung in so gar keiner Weise anspricht. Aber das liegt natürlich an mir. Wollte trotzdem anführen, dass ich diese Chat-Parallele sehe.

Was mich ganz rausgebracht hat, war als sein Vater den beiden zum Auto folgt und ganz gelassen war. Hat er ihren Vater niedergehauen? Warum sind Ihre Eltern ihm nicht wutentbrannt auf den Fersen? Da haut gerade jemand mit ihrer Tochter ab. Hat mich irritiert.

Zu guter letzt. Die Geschichte und die Charaktere sind in sich schlüssig, trotzdem habe ich Schwierigkeiten, dass sich da zwei junge Menschen um die 20 im Jahr 2021 miteinander verhalten.
Die Reduktion auf die Nachrichtenkonversation kann ich nachvollziehen. Aber zum Teufel, heutzutage lässt man sich doch nicht durch sowas so voneinander isolieren. Und maßregelt sich sogar noch selbst nur am Wochenende zu kommunizieren.
Ich verstehe wo das herkommt, ich kann es auch nachvollziehen, aber es passt irgendwie nicht.
Denn was ich da eigentlich sehe, sind zwei Teenager aus den 80er oder 90er ( ? ) Jahren. Einer Zeit, in der Kommunikation wohl wirklich noch begrenzt war. Ebenso die Popkulturellen Referenzen, die nichts mit der heutigen Jugend zu tun haben. Ich unterstelle dir, dass das mit deiner eigenen Lebensgeschichte zu tun hat, was vollkommen ok ist. Es macht die Geschichte auch nicht schlecht oder kaputt, aber irgendwie aus der Zeit gefallen. Vielleicht ist sie auch einfach irgendwie zeitlos, wie alle großen Liebesgeschichten. Ich hätte auf die Jahresangaben verzichtet.

Soviel von mir.
Danke für deinen Beitrag, es war nicht ganz einfach, aber es hat sich gelohnt.

Lieben Gruss
Mayia
 
Hab sie auch gelesen und mitgefiebert. Die Langsamkeit und Einfühlsamkeit, mit der du erzählst, ist beeindruckend. Allerdings habe ich mich gefragt, wo die Grenze zum Kitsch liegt. Hier auf LIT hebt sich so eine Geschichte deutlich von den kurzen Fickstories ab. Aber unterscheidet sie etwas von einem schnulzigen Kioskroman?
 
Hallo @Mayia ,

vielen Dank für die ausführliche Kritik!

Auf einige Punkte nehme ich Bezug:

An manchen Stellen verlierst du dich in unnötigen Detailerklärungen. Zum Beispiel wie genau er ihr das Handy präpariert, dass das Foto genug Pixel für ein Poster hat, etc. Das alles kann man sich als Leserin sehr gut selbst zusammenreimen. Und bei eh schon so viel Inhalt, hätte eine Straffung gutgetan.
Ich verstehe Deinen Punkt. Es ist ein Detail, welches für die weitere Geschichte nicht relevant ist. Daher hätte ich es weglassen sollen.
Eine Geschmackfrage ist sicherlich die Kommunikation und die Erotik über den Nachrichten-Austausch. Der ist gut geschrieben und passt ansich. Es erinnert mich stellenweise aber zu sehr an so eine Cyber-********-Rollenspiel-Kommunikation, die meine Erregung in so gar keiner Weise anspricht. Aber das liegt natürlich an mir. Wollte trotzdem anführen, dass ich diese Chat-Parallele sehe.
Die Verbindung zu Cyber-********-Rollenspiele habe ich nie im Kopf gehabt. Interessanter Gedanke. Muss mich vielleicht einmal mit dem Thema beschäftigen.
Was mich ganz rausgebracht hat, war als sein Vater den beiden zum Auto folgt und ganz gelassen war. Hat er ihren Vater niedergehauen? Warum sind Ihre Eltern ihm nicht wutentbrannt auf den Fersen? Da haut gerade jemand mit ihrer Tochter ab. Hat mich irritiert.
Interessanter Gedanke. Ich hatte konkrete Personen für die Eltern im Sinn und eine gewalttätige Eskalation wäre nicht in deren Natur gewesen. Aber die Frage ist berechtigt und ich hätte den Vater mehr erzählen lassen sollen, was sich noch in der Aula abgespielt hat.
Zu guter letzt. Die Geschichte und die Charaktere sind in sich schlüssig, trotzdem habe ich Schwierigkeiten, dass sich da zwei junge Menschen um die 20 im Jahr 2021 miteinander verhalten.
Ich hatte darüber nachgedacht, die Sprache zwischen den beiden moderner zu gestalten und/oder mehr heute übliche Chat-Kürzel zu nutzen. Ich hatte mich bewusst dagegen entschieden, da es ein Stück "Literatur" ist. Genauso wie ich mich gegen starken Dialekt entschieden habe. (Gerade die Oma hatte in einer Zwischenversion einen ganz starken Ruhr-Pott Dialekt, was für einige ggf. schwer verständlich gewesen wäre.)
Die Reduktion auf die Nachrichtenkonversation kann ich nachvollziehen. Aber zum Teufel, heutzutage lässt man sich doch nicht durch sowas so voneinander isolieren. Und maßregelt sich sogar noch selbst nur am Wochenende zu kommunizieren.
Ich verstehe wo das herkommt, ich kann es auch nachvollziehen, aber es passt irgendwie nicht.
Denn was ich da eigentlich sehe, sind zwei Teenager aus den 80er oder 90er ( ? ) Jahren. Einer Zeit, in der Kommunikation wohl wirklich noch begrenzt war. Ebenso die Popkulturellen Referenzen, die nichts mit der heutigen Jugend zu tun haben. Ich unterstelle dir, dass das mit deiner eigenen Lebensgeschichte zu tun hat, was vollkommen ok ist. Es macht die Geschichte auch nicht schlecht oder kaputt, aber irgendwie aus der Zeit gefallen. Vielleicht ist sie auch einfach irgendwie zeitlos, wie alle großen Liebesgeschichten. Ich hätte auf die Jahresangaben verzichtet.
Die Jahreszahlen hätte ich wirklich weglassen können. Sie sind nicht essentiell für die Gesamtgeschichte. Vielleicht mache ich es wirklich (und nehme dann auch den Bezug auf den Ukraine Krieg raus. Auch der hat keine weitere Relevanz für die Geschichte.)

Vielen Dank noch einmal fürs Lesen und die ausführlichen Gedanken!
VG, TiW
 
Moin @GustavNacht ,

vielen Dank für das Lesen der Geschichte und den Kommentar!

Hab sie auch gelesen und mitgefiebert. Die Langsamkeit und Einfühlsamkeit, mit der du erzählst, ist beeindruckend. Allerdings habe ich mich gefragt, wo die Grenze zum Kitsch liegt. Hier auf LIT hebt sich so eine Geschichte deutlich von den kurzen Fickstories ab. Aber unterscheidet sie etwas von einem schnulzigen Kioskroman?
Ich habe nie einen Kioskroman oder ein Groschenheftchen (heißen die heute noch so?) gelesen. Vielleicht sollte ich einmal Sonntag Abend 20:15 Uhr im ZDF einschalten ;-)
Kurze "Fickgeschichten" sind überhaupt nicht mein Ding. Solche Geschichten langweilen mich.

VG, TiW
 
Back
Top