Ab wann fängt "prüde sein" an?

Alles ist relativ

Ich bin aber der Meinung, dass wenn jemand sich mit einem entsprechenden Vorschlag auseinandersetzt und am Ende zu der Entscheidung kommt, es nicht zu tun, ist er/sie vom Vorwurf der Prüderie aus meiner Sicht freigesprochen.
Das ist mir ein bisschen zu einfach. Wenn man sich dem Begriff „prüde“ von der sprachlichen Seite her nähert – hier Zitate aus dem Duden:

prüde: Adjektiv - in Bezug auf Sexuelles unfrei und sich peinlich davon berührt fühlend

Synonyme zu prüde: altmodisch, bieder, gehemmt, genant, nicht frei/locker, reserviert, [schamhaft] zurückhaltend, schüchtern, spröde, steif, unsicher, verklemmt, verkrampft, verschämt; (umgangssprachlich) genierlich; (abwertend) altjüngferlich, tantenhaft, zimperlich


Die vielen Synonyme zeigen, dass prüde vielerlei bedeuten und in entsprechend vielen Situationen benutzt werden kann. Und die Begriffe sind ausschließlich negativ besetzt. Daraus folgt: Wenn jemand allgemein als prüde bezeichnet wird, dann hat das schon seine Richtigkeit, egal ob sich dieser jemand Gedanken über sein eigenes Verhalten gemacht hat oder nicht.

Natürlich kann nicht jemand als prüde gelten, nur wenn er von ein paar Enthemmten so bezeichnet wird. Es kommt vielmehr auf die jeweilige Zeit an, d.h. wie die Mehrheit tickt. Im viktorianischen Zeitalter war Schüchternheit, Verschämtheit, d.h. das prüde sein, eine Tugend. Natürlich nur für Frauen. Weil diese - nach damaliger Auffassung – kein Sexualleben hatten bzw. haben durften.

Alles ist relativ. Das gilt auch für die Beurteilung von menschlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen.
 
Alles ist relativ. Das gilt auch für die Beurteilung von menschlichen Eigenschaften und Verhaltensweisen.

Genau das ist des Pudels Kern, etwas was du als prüde empfindest empfinde ich vielleicht völlig anders.;)
 
Genau das ist des Pudels Kern, etwas was du als prüde empfindest empfinde ich vielleicht völlig anders.;)

Man beachte daher auch folgenden Halbsatz von mir:
"(...) ist er/sie vom Vorwurf der Prüderie aus meiner Sicht freigesprochen."

Ich meine, der ganze Thread dreht sich darum, was jemand persönlich als prüde empfindet. Es war wohl nicht das Ziel, eine allgemeingültige Formulierung zu finden.
 
Man beachte daher auch folgenden Halbsatz von mir:
"(...) ist er/sie vom Vorwurf der Prüderie aus meiner Sicht freigesprochen."

Ich meine, der ganze Thread dreht sich darum, was jemand persönlich als prüde empfindet. Es war wohl nicht das Ziel, eine allgemeingültige Formulierung zu finden.

Die wird es wohl auch nicht geben, dazu sind die Menschen viel zu verschieden und das ist auch gut so.:)
 
Genau das ist des Pudels Kern, etwas was du als prüde empfindest empfinde ich vielleicht völlig anders.;)
Man beachte daher auch folgenden Halbsatz von mir:
"(...) ist er/sie vom Vorwurf der Prüderie aus meiner Sicht freigesprochen."
Tut mir leid, aber ich habe extra betont
Wenn jemand allgemein als prüde bezeichnet wird, dann hat das schon seine Richtigkeit, egal ob sich dieser jemand Gedanken über sein eigenes Verhalten gemacht hat oder nicht.
, dass die Anwendung des Begriffs „prüde“ nicht so sehr von einzelnen Personen abhängt, sondern davon, was in jeweiliger Zeit von der Mehrheit dafür gehalten wird.

Will sagen, jemand der Natursekt liebt und alle, die das nicht tun, als prüde bezeichnet, ist einfach falsch gewickelt, dann das ist nicht die Meinung der Mehrheit der Menschen in unserer Zeit. Das gilt aber nicht für jemand, der Oralsex liebt und deswegen alle, die das nicht mögen, als prüde bezeichnet, denn das würde sicher auch die Mehrheit in diesem Land heute so sehen: Die Bezeichnung prüde wäre in dem Fall gerechtfertigt.
 
Fragen

[...] jemand der Natursekt liebt und alle, die das nicht tun, als prüde bezeichnet...
... scheint mir eine eigenwillige Auffassung von der Verwendung des Begriffs 'prüde' zu haben, denn eher ergäbe es doch Sinn, diejenigen als prüde zu bezeichnen, die bei der Rede von Natursekt beschämt die Augen abwenden oder abrupt das Thema wechseln etc., als einfach diejenige als prüde zu bezeichnen, die Natursekt halt nicht 'lieben'. Letztere 'lieben' stattdessen vielleicht eher Kaviar? Das aber machte sie nicht prüde.

[...] jemand, der Oralsex liebt und deswegen alle, die das nicht mögen, als prüde bezeichnet, denn das würde sicher auch die Mehrheit in diesem Land heute so sehen: Die Bezeichnung prüde wäre in dem Fall gerechtfertigt.
Und was führt dich zu der Überzeugung, dass die Mehrheit in der BRD heute offen und ungeniert über Oralsex reden bzw. diesen praktizieren würde? Es sei nur an Kojote aus diesem Forum erinnert, der nach eigener Aussage nie im Leben seine (oder eine andere) Frau zwischen den Beinen lecken würde. Und das ist nur ein Beispiel für jemanden, der (aktiven) Oralsex nicht 'liebt' oder offen und ungeniert praktiziert...

Kannst du mir die Antworten auf diese Fragen geben?

LG,
Auden James
 
Und was führt dich zu der Überzeugung, dass die Mehrheit in der BRD heute offen und ungeniert über Oralsex reden bzw. diesen praktizieren würde?
Über Oralsex zu reden ist heute bei uns nichts Ungewöhnliches mehr. Das gleiche gilt für die Ausübung. Ist meine Meinung, kann das aber nicht mit einer Studie oder per Meinungsumfrage belegen, obwohl es sie sicher gibt - bin einfach zu faul zum suchen.
 
@ Erpan: Frage

Also würdest du im Umkehrschluss sagen, dass Kojote prüde sei, nicht wahr?

Schließlich zählte er vor dem Hintergrund des von dir gesagten ja zur eindeutigen Minderheit in Deutschland, was z.B. gelebte orale Sexpraktiken anbelangt, die er ja (partiell) ablehnt. Oder habe ich dich falsch verstanden?
 
Also würdest du im Umkehrschluss sagen, dass Kojote prüde sei, nicht wahr?

Schließlich zählte er vor dem Hintergrund des von dir gesagten ja zur eindeutigen Minderheit in Deutschland, was z.B. gelebte orale Sexpraktiken anbelangt, die er ja (partiell) ablehnt. Oder habe ich dich falsch verstanden?
Ich würde mir nie anmaßen, jemand, den ich nicht kenne, als prüde oder nichtprüde zu bezeichnen, denn dazu gehört mehr als nur zu wissen, er lehne eine bestimmte Form von Oralsex ab. Dazu kann es übrigens rein persönliche Gründe geben, basierend auf schlechten Erfahrungen z.B., oder auf Gründe, die einem nicht einmal bewusste sind – siehe Abneigung gegen gewisse Speisen, die fast jeder von uns hat, ohne zu wissen, warum.
 
Weitere Fragen

Dazu kann es übrigens rein persönliche Gründe geben, basierend auf schlechten Erfahrungen z.B., oder auf Gründe, die einem nicht einmal bewusste sind – siehe Abneigung gegen gewisse Speisen, die fast jeder von uns hat, ohne zu wissen, warum.
Und du meinst, wenn die Prüden so etwas wie "persönliche Gründe" anführen könnten, dann würde dies ihre Prüderie entschuldigen? Würdest du damit nicht auch ihre implizite Sexualfeindlichkeit entschuldigen? (Die Kirche kann schließlich ebenfalls etliche "persönliche Gründe" [s. Bibel] gegen Sexualität im Allgemeinen und Pornographie im Besonderen anführen.) Und kann das dein Ziel sein?
 
Und du meinst, wenn die Prüden so etwas wie "persönliche Gründe" anführen könnten, dann würde dies ihre Prüderie entschuldigen? Würdest du damit nicht auch ihre implizite Sexualfeindlichkeit entschuldigen? (Die Kirche kann schließlich ebenfalls etliche "persönliche Gründe" [s. Bibel] gegen Sexualität im Allgemeinen und Pornographie im Besonderen anführen.) Und kann das dein Ziel sein?
Als Erstes: Ich habe in dieser Angelegenheit kein Ziel. Wenn überhaupt, entscheide ich von Fall zu Fall.

In größeren Zusammenhängen jedoch, wie das bei den Kirchen oder der Gesellschaft allgemein der Fall ist, kann man natürlich feststellen, ob die prüde sind oder nicht. So wird niemand bestreiten wollen, dass die katholische Kirche seit ihrem Bestehen immer prüder war als ihre jeweilige Umgebung in der gleichen Zeit. Das ist genauso eine objektive Feststellung wie die Beobachtung, dass das sogenannte viktorianische Zeitalter prüder war als die Zeit davor und danach.

Dafür kann keiner was, denn das sind kollektive Entwicklungen, Zeitgeist genannt. Gewiss, es hat immer auch Gegenströmungen gegeben, aber sie waren nicht stark genug, haben nichts ausrichten können gegen den jeweiligen Zeitgeist, sonst gäbe es im 19ten Jahrhundert kein prüdes viktorianisches und im 17/18ten kein Zeitalter der Libertinage.
 
Frage nach der Frage

Das beanwortet jetzt allerdings nicht meine Frage: Entschuldigen "persönliche Gründe" gleich welcher Art die Prüderie in deinen Augen sozusagen?
 
Das beanwortet jetzt allerdings nicht meine Frage: Entschuldigen "persönliche Gründe" gleich welcher Art die Prüderie in deinen Augen sozusagen?
Wenn ich diese persönliche Gründe kenne, dann ja. Aber so weit öffnen sich die Menschen einem Unbekannten nicht – es sei denn im Internet. Bei Freunden ist das anders: Die kennt man sehr gut und weiß auch, wie sie in Punkto (sexual) Moral ticken und warum.
 
Wenn ich diese persönliche Gründe kenne, dann ja. Aber so weit öffnen sich die Menschen einem Unbekannten nicht – es sei denn im Internet. Bei Freunden ist das anders: Die kennt man sehr gut und weiß auch, wie sie in Punkto (sexual) Moral ticken und warum.

Das ist ja auch immer ein Punkt. Man kann Menschen und ihre inneren Beweggründe nicht so leicht pauschalisieren, wie man es gemein aber gerne tut. Oft steckt eine Vielzahl von Erfahrungen, Ängsten, Wissen und Glauben dahinter.
Auch ganz einfache Evolutionsbiologische Verhaltensmuster stecken darin. Wenn wir Menschen etwas nicht verstehen oder wir uns bloßgestellt fühlen, reagiert unser Überlebensinstinkt. Automatisch wird unser Körper auf Flucht oder Kampf vorbereitet.

Die Antwort ist dann entweder die Flucht oder der Kampf, wobei der Kampf heute in der Regel verbal ausgefochten wird.
 
Deswegen muss man das prüde sein dann ablegen und über solche Dinge reden.:)

Bin gerade dabei mich im Forum etwas einzulesen. Ich fand das ein wirklich interessantes Thema mit unterschiedlichen Ansichten und Herangehensweisen. Finde es erstaunlich, dass es nicht mehr Debatten dieser Art gibt. Sind so wenige Leute hier, die interessante Fragen zur Sexualität aufwerfen könnten? LG Lars
 
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Bin gerade dabei mich im Forum etwas einzulesen. Ich fand das ein wirklich interessantes Thema mit unterschiedlichen Ansichten und Herangehensweisen. Finde es erstaunlich, dass es nicht mehr Debatten dieser Art gibt. Sind so wenige Leute hier, die interessante Fragen zur Sexualität aufwerfen könnten? LG Lars

Hmm, das ist ein guter Punkt, den du da ansprichst... :rose:ehrlich gesagt bin ich mir da nämlich selber nicht immerganz sicher, was die Leute konkret meinen, wenn sie von irgend etwas als "prüde" sprechen.... :rolleyes::cattail:
 
aktuell würde ich meinen, dass das wahrscheinlich irgendwo aus der Sphäre der Protestanten kommt.. --> also, von Luther, Zwingli, und die ganze Richtung... also, wo gepredigt wird, dass man 1) viel arbeiten müsse und 2) wenig Sex haben dürfe, damit man ins Himmelreich komme...

"Katholisch" ist das jedenfalls nicht, denn da steht eindeutig drinnen (Gen 9.1):
https://www.uibk.ac.at/theol/leseraum/bibel/gen9.html
"Seid fruchtbar, vermehret euch und bevölkert die Erde!" Also übersetzt: Fickt, so viel, wie ihr könnt! (Und in Gen 9.7 wird das explizit noch einmal wiederholt, damit's auch wirklich jeder kapiert: »Seid fruchtbar und vermehrt euch; bevölkert die Erde und vermehrt euch auf ihr!«)

Also ich meine, dass das mit dieser "Prüderie" entweder etwas Protestantisches sein muss, oder allenfalls etwas Atheistisches.... "katholisch" ist jedenfalls ziemlich genau das Gegenteil davon :cattail::rolleyes:
 
Also ich meine, dass das mit dieser "Prüderie" entweder etwas Protestantisches sein muss, oder allenfalls etwas Atheistisches.... "katholisch" ist jedenfalls ziemlich genau das Gegenteil davon :cattail::rolleyes:

Und deswegen dürfen auch alle Katholiken, die etwas mit der Kirche zu tun haben, nicht heiraten. Das würde sie daran hindern, sich zu vermehren, oder?
 
Und deswegen dürfen auch alle Katholiken, die etwas mit der Kirche zu tun haben, nicht heiraten. Das würde sie daran hindern, sich zu vermehren, oder?

Kann es sein, dass du ein kleiner Masochist bist Phiro? ;):D

Du provozierst doch damit eine noch schwachsinnigere Antwort...:eek:

Oder bist du ein Sadist und willst uns andere damit quälen? :devil::(

Gruss

Hans
 
Goldener Spaten

Und der Goldene Spaten für das Ausgraben einer uralten Diskussion geht an:

Bisexuallars!

:):D
 
Und der Goldene Spaten für das Ausgraben einer uralten Diskussion geht an:

Bisexuallars!

:):D

Eigentlich gibt es Themen (und dieses gehört dazu), bei denen das Aufwärmen, Ausbuddeln oder Wiederbeleben eines alten Threads durchaus Sinn macht. Bei diesem hier tun mir allerdings beim Lesen der ersten Seite die Augen weh.

War das damals wirklich üblich, in riesigen, bunten und verschnörkelten Buchstaben zu posten?

???

Auf jeden Fall ist das, was die Leute auf der ersten Seite beschreiben, nicht Prüderie, sondern die Auswirkung davon. Und da der liebe Kimber schon den religiösen Aspekt erwähnt hat, datiert die menschliche Prüderie auf Gen 3,7 zurück

Da gingen beiden die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren. Sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich einen Schurz.

Wenn man nicht an die Existenz des Paradieses glaubt, muss man wohl in der Menschheitsgeschichte nach dem Punkt suchen, wo aus Penisröhren Lendenschurze wurden. Lange bevor die Menschen nach Europa kamen, wo Kleidung notwendig war.

Es gab zwar immer wieder einmal Kulturen, wo öffentliche Nackheit teilweise geduldet wurde (Olympische Spiele im alten Griechenland, FKK-Einrichtungen), aber grundsätzlich habe seit damals Menschen immer irgendetwas an, wenn sie nicht allein bzw. nur mit dem Partner zusammen sind.

Wir lernen von klein auf, unseren Körper zu bedecken. Die Pubertät und die nahezu zwangsläufig damit einhergehenden Minderwertigkeitsgefühle tun ein Übriges. Wenn man keine entsprechenden Vorbilder hat, kostet es einiges an Überwindung, in Gegenwart anderer Menschen die Hüllen fallen zu lassen. Ich spreche da aus persönlicher Erfahrung.
 
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Eigentlich gibt es Themen (und dieses gehört dazu), bei denen das Aufwärmen, Ausbuddeln oder Wiederbeleben eines alten Threads durchaus Sinn macht. Bei diesem hier tun mir allerdings beim Lesen der ersten Seite die Augen weh.

Wir lernen von klein auf, unseren Körper zu bedecken. Die Pubertät und die nahezu zwangsläufig damit einhergehenden Minderwertigkeitsgefühle tun ein Übriges. Wenn man keine entsprechenden Vorbilder hat, kostet es einiges an Überwindung, in Gegenwart anderer Menschen die Hüllen fallen zu lassen. Ich spreche da aus persönlicher Erfahrung.[/QUOTE
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Hallöchen- Habe mich über die Buntheit auch gewundert... ;)

Eigentlich ging's mir nur darum, wie und ob hier Diskussionen dieser Art erwünscht, möglich, sinnvoll etc. etc. sind.

Ich hatte in der Sache von "klein auf" incl. Pubertät mit Nacktheit nie ein Problem. Natürlich nur zu Hause, beim Sport, am See oder im (Camping-)Urlaub etc.. Wir sind eine FKK- Familie in 4. Generation (ich bin die Dritte ;) Es waren bei jeder Gelegenheit, von der Oma, Eltern bis zu Geschistern und Kindern, eben immer alle oder Einzelne nackig (auch je nach Jahreszeit natürlich;))

Insofern ist mein Begriff von "Prüde" natürlich ein anderer als jener der zitierten 92- jährigen Dame. Genau deshalb fand ich die unterschiedlichen Aspekte auch durchaus interessant.

Aber wie gesagt: Eher ging es mir als Neuling hier um die oben angesprochene grundsätzliche Frage. Das englische Forum ist voll (auch mit Gequatsche) und hier fand ich nichts. Deshalb fand ich auch den Hinweis mit der "goldenen Schaufel" eines Users albern. Ich dachte, mich entsprechend ausgedrückt zu haben.

LG Lars
 
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