Wollen wir unbequeme Wahrheiten nicht hören?

Es geht um die Definition von Trauma und nicht um Lager innerhalb klinischer und kognitiver Psychologie.
Es geht um Meinungshoheit: Je mehr Leute man als Trauma geschädigt einordnen kann, desto besser für die Kliniker. :D Daher ist es kein Wunder, dass gerade diese Kliniker es waren, die Studien angefertigt haben, die belegen, dass sexueller Kindesmissbrauch zu Traumata führt – was kein Kunststück ist, wenn man nur Traumatisierte behandelt und betrachtet.

Clancys Verdienst ist es, den Blick auf die Mehrheit der sexuell Missbrauchten zu lenken, die durch diesen Missbrauch in ihrer Kindheit nicht traumatisiert wurden: die sogenannte Dunkelziffer. Sie hat mit ihrer Untersuchung belastbare Zahlen geliefert, so dass man nicht mehr auf Vermutungen angewiesen ist.

Clancy sagt: Hört auf, nur auf die offensichtlich traumatisierten Kinder (5%) zu starren, schaut auch auf die anderen 95%, die vielleicht „nur“ gestresst, verwirrt oder seltsam wirken, denn das sind diejenigen, die später, als sie begreifen, was mit ihnen geschehen ist, ihre Nächsten als Verräter empfinden werden. Denn was macht jemand, dem bewusst wird, dass er in seiner Kindheit missbraucht worden ist, dies aber damals als normal empfunden hat? Richtig: Er fühlt sich schuldig und empfindet Scham darüber, damals alles ohne Gegenwehr geschehen zu lassen, daran vielleicht sogar Freude empfunden zu haben.

Das Bewusstsein, damals Freude statt Trauma erlebt zu haben, kann nun wahrlich zu einem Trauma führen, wenn der Betroffene meint, nicht so zu sein oder nicht so empfunden zu haben, wie die Gesellschaft es von einem sexuell Missbrauchten erwartet. Zu diesem Konflikt kommt es gewöhnlich zu einem Zeitpunkt, als der Jugendlicher oder junger Erwachsener noch auf der Suche nach sich selbst ist, also noch nicht so gefestigt in seinen Ansichten ist, dies vor allem auf dem sexuellen Gebiet.
 
Es geht um ...
Es geht um …
Muss man sich denn wirklich darüber streiten, wie wissenschaftlich die in der Süddeutschen zitierte Untersuchung ist?

Um zu erkennen, ob die Ergebnisse der Untersuchung stimmen, braucht man sich doch nur in einen der typischen Missbrauchsfälle hineinzudenken.

Bei der Frage, was richtig oder falsch ist, orientiert sich ein Kind an den Menschen, denen es vertraut. Eine andere Möglichkeit hat es nicht.

Sagen die Eltern, dass man Krieg führen muss gegen die bösen Nachbarn, dann ist das so.

Und verlangen Vertrauenspersonen sexuelle Dienstleistungen, dann ist auch das zunächst einmal so. Für das Kind gibt es keinen Grund, sich damit unwohl zu fühlen, im Gegenteil in vielen Fällen wird das Kind sich über besondere Zuwendung freuen.

Logischerweise kann ein Schaden in diesen Verführungsfällen in der Regel erst dann eintreten, wenn das Kind merkt, dass es etwas Verbotenes getan und daran vielleicht auch noch Gefallen gefunden hat. Dann fangen die Selbstvorwürfe an, die sein Leben ruinieren können.

Etwas Ähnliches hat denn ja wohl auch die oben zitierte Untersuchung ergeben.


Umso wichtiger wäre es, die Verführungsfälle nicht länger mit Vergewaltigungsfällen in einen großen Missbrauchstopf zu werfen.

Insofern bin ich mit Dir, Erpan einer Meinung:
Das Bewusstsein, damals Freude statt Trauma erlebt zu haben, kann nun wahrlich zu einem Trauma führen, wenn der Betroffene meint, nicht so zu sein oder nicht so empfunden zu haben, wie die Gesellschaft es von einem sexuell Missbrauchten erwartet.

Wir müssen lernen, die Verführungsfälle schon von der Namensgebung anders zu behandeln und Wege finden, wie sich solche Übergriffe effektiv zurückdrängen lassen, ohne dass sich die betroffenen Kinder schlecht damit fühlen müssen.
 
Muss man sich denn wirklich darüber streiten, wie wissenschaftlich die in der Süddeutschen zitierte Untersuchung ist?
Du siehst doch, dass es anders nicht geht. Alles, was nicht mainstream ist, wird in Zweifel gezogen. Zuerst die Glaubwürdigkeit des Wissenschaftlers, dann die der Daten, des Vorgehens, etc. Immer das gleiche Spiel – siehe die Diskussion Der weibliche Wunsch nach männlichem Begehren.

Es gibt viel Festgefahrenes in dieser Gesellschaft, also sind politisch korrektes Denken und Verhalten Trumpf und noch nie zuvor betretene Pfade sind, wenn nicht gleich Irrwege, zumindest suspekt.
 
Du siehst doch, dass es anders nicht geht. Alles, was nicht mainstream ist, wird in Zweifel gezogen. Zuerst die Glaubwürdigkeit des Wissenschaftlers, dann die der Daten, des Vorgehens, etc.

Sorry, Erpan, aber angezweifelt wird in der Wissenschaft grundsätzlich alles, was anzuzweifeln geht, und eine gute Theorie muss derartige Anzweiflungen auch abkönnen, sonst ist sie als Theorie zu wacklig.

Der Wahrheit ist es wurscht, ob sie Mainstream ist oder nicht, was aber trotzdem bedeuten kann, dass sie Mainstream ist.

Ich persönlich sehe noch nicht wirklich, wie ein Umdenken aussehen, bzw. was es bringen soll, wenn man die derartig neuen Theorien grundsätzlich konservativ eingestellten Uni-Professoren mal ausser Acht lässt. Die erste Tabellenkalkulation wurde an einer Uni entwickelt und auch von den dortigen Professoren gelobt - aber denk mal nicht, dass sie dort auch benutzt wurde. Es war die Industrie, die was daraus gemacht hat.

Solange die Clancy- Theorie nichts bringt, ja nicht mal den Anschein macht, was bringen zu können, wird sie auch nicht verwendet und eher angezweifelt werden. Mainstream hin oder her.
 
Solange die Clancy- Theorie nichts bringt, ja nicht mal den Anschein macht, was bringen zu können, wird sie auch nicht verwendet und eher angezweifelt werden. Mainstream hin oder her.

Genau darin liegt der Fehler. Sie würde etwas bringen wenn man sich eines anderen Rückschlusses endlich mal bewußt wird. Dazu hat bereits Erpan etwas weiter oben bereits einiges gesagt. Die Diskussion dreht sich also im Kreis.

Es gibt nämlich neben den direkt Traumatisierten auch solche die erst später in ein Trauma gezwungen werden. Diesen hilft jedoch die gängige Wissenschaft nicht.
 
Ich klinke mich jetzt aus zwei Gründen hier aus. Zum einen ziehe ich in einer Woche um, und habe anderes zu tun.

Zum anderen habe ich leider zu viel Erfahrung mit Missbrauchsopfern aus einer früheren Tätigkeit und meinem persönlichen Bereich, um eure Kommentare hier zu lesen, ohne dass sich mir der Magen ob eurer Schlüsse hier umdreht.
 
Ich klinke mich jetzt aus ...
Ich kann Dich verstehen, past_perfekt.

Es ist ungeheuer schwierig und schmerzhaft, wenn man sich eingestehen muss, dass man mit all seinem Einsatz für Hunderte von vergewaltigten Kinder gleichzeitig Tausenden anderen Kindern durch Verteufelung ihrer sexuellen Gefühle schweren Schaden zugefügt hat.
 
Ich kann Dich verstehen, past_perfekt.

Es ist ungeheuer schwierig und schmerzhaft, wenn man sich eingestehen muss, dass man mit all seinem Einsatz für Hunderte von vergewaltigten Kinder gleichzeitig Tausenden anderen Kindern durch Verteufelung ihrer sexuellen Gefühle schweren Schaden zugefügt hat.

Ich habe in meiner Tätigkeit nicht ein Kind kennengelernt, das den Missbrauch als angenehm, schön oder auch nur neutral empfunden hat. Du verstehst offensichtlich gar nichts.
 
@Lars 69
Das würde ich so nicht ganz stehen lassen wollen. Es klingt so, als dürfe man denen die Leiden nicht helfen, um den anderen nicht weh zu tun. Es muß vielmehr beides möglich sein. Doch dazu ist nicht allein die Einsicht einzelner erforderlich, sondern ein gesellschaftlicher Prozess erforderlich. Es mag beim Einzelnen beginnen aber da darf es nicht stehen bleiben.

@past_perfect
Natürlich nicht, weil Du sie erst gar nicht kennengelernt hast. Weil es für sie kein Mißbrauch ist. Das ist ja der Punkt. Schreibe dazu vielleicht später noch mehr.
 
Last edited:
Ich habe in meiner Tätigkeit nicht ein Kind kennengelernt, das den Missbrauch als angenehm, schön oder auch nur neutral empfunden hat.
Ich auch nicht.

Noch nicht einmal bei meinem eigenen Kind war ich in der Lage, den Tatsachen ins Auge zu sehen, als es im Kindergarten Opfer von Übergriffen wurde, welche zur rechtskräftigen Verurteilung eines Erziehers führten.

Obwohl es eigentlich ganz einfach ist, hat es lange gedauert, bis mir klar geworden ist, dass man sich selbst zur Blindheit verurteilt, wenn man die falschen Fragen stellt.

Wenn ich mein Kind frage, wie es den Missbrauch empfunden hat, dann bekomme ich natürlich 'ganz schrecklich' zur Antwort.

Lasse ich aber das unsägliche Wort 'Missbrauch' weg und stelle meine Frage neutral, dann lautet die Antwort plötzlich ganz anders und erst dann kann ich meinem Kind wirklich helfen zu einem glücklichen Erwachsenen zu reifen.
 
Genau darin liegt der Fehler. Sie würde etwas bringen wenn man sich eines anderen Rückschlusses endlich mal bewußt wird. Dazu hat bereits Erpan etwas weiter oben bereits einiges gesagt. Die Diskussion dreht sich also im Kreis.

Es gibt nämlich neben den direkt Traumatisierten auch solche die erst später in ein Trauma gezwungen werden. Diesen hilft jedoch die gängige Wissenschaft nicht.

Das müsste die Wissenschaft aber auch erkennen bzw wissen. Es ist natürlich einfach und schön reisserisch, jetzt zu sagen, die wollten das ja nur nicht wissen, weil dann ihr Threapiegeschäft drunter leidet.

Aber sehs mal von der anderen Seite: zur Therapie geht entweder der, der es für nötig erachtet, oder derjenige, der hingeschickt wird. Beides aus denselben Gründen: weil die eigenen Reaktionen aufgrund des Traumas das eigene Leben wie auch das derjenigen, mit denen man zusammenlebt, nachhaltig beeinträchtigen. Das Trauma eines Vergewaltigten - ob minderjährig oder nicht - ist nicht zu vergleichen mit dem Trauma von jemanden, der nur seine sexuellen Ansichten nicht mit "dem Mainstream" vereint sieht und irgendwelches überflüssiges Gewissen mit sich rumträgt. Es nützt den Threapeuten relativ wenig, wenn sie wissen, dass das was sie therapieren, nur 5% sind von denen, die eigentlich traumatisiert sein müssten. Sie können nur diejenigen therapieren, die es auch wollen. Die restlichen 95% mögen von rechtlicher Seite aus betrachtet Opfer sein, und mögen auch seelischen Ballast mit sich rumschleppen, aber offensichtlich nicht genug, um eine Therapie für nötig zu erachten.

Wie soll man eine Forderung , man müsse die jetzt unbedingt berücksichtigen, jetzt anders verstehen als eine Relativierung von echten Trauma-Patienten ?
 
Last edited:
Ich auch nicht.

Noch nicht einmal bei meinem eigenen Kind war ich in der Lage, den Tatsachen ins Auge zu sehen, als es im Kindergarten Opfer von Übergriffen wurde, welche zur rechtskräftigen Verurteilung eines Erziehers führten.

Obwohl es eigentlich ganz einfach ist, hat es lange gedauert, bis mir klar geworden ist, dass man sich selbst zur Blindheit verurteilt, wenn man die falschen Fragen stellt.

Wenn ich mein Kind frage, wie es den Missbrauch empfunden hat, dann bekomme ich natürlich 'ganz schrecklich' zur Antwort.

Lasse ich aber das unsägliche Wort 'Missbrauch' weg und stelle meine Frage neutral, dann lautet die Antwort plötzlich ganz anders und erst dann kann ich meinem Kind wirklich helfen zu einem glücklichen Erwachsenen zu reifen.

Entschuldige bitte, ich will hier nicht deine Kompetenz oder persönliche Erfahrung in Frage stellen, aber du konfrontierst ein Kind im Kindergartenalter mit Konzepten wie Missbrauch, anstatt nur zu fragen was passiert ist, und was das Kind dabei empfunden hat? Offensichtlich haben wir doch deutlich unterschiedliche Ansätze. So etwas würde mir im Traum nicht einfallen.

Wie gesagt, ich habe nicht die Zeit jetzt weiter auf diesen Thread einzugehen und wünsche dir und deinem Kind alles Gute.
 
Mir geht es nicht um Geschäft, ich denke auch das ist am ursprünglichen Thema und der intention vorbei.
Ebenso halte ich es für verkehrt, Trauma mit "Vergewaltigung" gleichzusetzen. Das daraus ein Trauma entsteht bezweifel ich nicht. Immer wenn etwas einem angetan wird, unabhängig von seinem Alter, und dem, nennen wir es mal "Opfer" ist bewußt, daß das was ihm wiederfährt nicht "rechtens" ist, entsteht daraus soetwas wie ein Trauma, wenn das Geschehene gegen seinen Willen passiert.

Nun bliebt mir vermutlich doch nichts anderes, als meine Worte zu erläutern.

Ein Geschwisterpaar, aufwachsend in einer großen Familie entdeckt schon in der Kindheit, das alter lassen wir mal weg, eine gewisse Zuneigung zueinander. Was andere als Doktorspiele deklarieren wird zwischen beiden zu einer festen Institution. Klar sind sich beide trotz ihrer Kindheit durchaus bewußt, daß das, was sie tun nicht allgemeiner Konsenz ist. Doch beide stützen sich in ihrem Tun gegenseitig.

Später, beide stehen noch vor der Pubertät wird ein "Onkel" auf das Treiben der beiden aufmerksam. Er läßt sich nicht nur gewähren, sondern fördert sie sogar. Klar, er hat sie erwischt, aber er verteufelt sie nicht, sondern ganz im Gegenteil. Sein Haus wird zu dem Ort, an dem beide das Leben dürfen was ihnen jeder andere versagen würde.

Für die beiden jungen Menschen ist das in keinster Weise ein Mißbrauch, es bedeutet für beide schier endloses Glück, und dennoch ist es ein Mißbrauch, denn der Onkel filmt sie, vermarktet die beiden heimlich. Seine wahren Beweggründe sind niederen Ursprungs. Doch die beiden merken das nicht, wollen es nicht sehen oder wie auch immer. Sie wissen, daß sie gefilmt werden und es macht ihnen sogar Spaß, ist in besonderer Weise prikelnd, denn wie andere Filme des Onkels zeigen, tun andere das auch.

Der traumatische Druck entsteht nur aus der scheinbar bösen Gesellschaft, die den beiden ihr Glück mißgönnt. Ängste werden geschürt, "wenn andere euch erwischen, dann landet ihr im Knast".

Es ist also nicht das Verhältnis der Geschwister an sich, welches traumatisiert, sondern das drumherum. Trotzdem geht das ganze so lange (in diesem Fall über Jahre) bis die Eltern dem Onkel durch einen Zufall auf die Schliche kommen.

Doch es darf nicht sein, was nicht sein darf. Totschweigen scheint die beste Variante. Der Kontakt zum "Onkel" wird abgebrochen und verhindert, die Geschwister unter wahnsinnigen Druck gesetzt. Keine Hilfe, kein Therapeut stattdessen Schreien, Brüllen, Schlagen.

Was passiert? Die logische Schlussfolgerung der beiden, die Welt ist tatsächlich so böse, wie der "Onkel" immer gesagt hat. Alle sind gegen die beiden. Jetzt erleben sie es am eigenen Leib. Schon der Blick auf den nicht vollständig bekleideten Bruder oder die Schwester kann in einer Ohrfeige enden. Dinge die andere Kinder tun, unvorstellbar. Ein sommerlicher Besuch im Schwimmbad? Nur unter gestrenger Aufsicht der Eltern. Durch jeden Momant des Lebens zieht sich das. Immer wieder wird beiden des Spiegel der Abartigkeit vorgehalten.

Das hält keine junge Seele aus. Sie braucht Halt und Stütze, Liebe und Zuneigung. Was glaubt ihr, wo die zu finden ist? Genau dort wo man sie von außen verhindern will. Jede Aktion von außen fördert nur das, was sie verhindern will. Beide sind bereits weit in der Pubertät, doch ihre Bindung zueinander ist stärker als je zuvor. Doch sie wird immer heimlicher und immer belastender.

Ein Gang zur Toilette mit verschlossener Tür? Undenkbar, denn man soll kontrollierbar bleiben. Man ist nicht mehr Tochter, sondern eine verachtete Nutte, man ist nicht mehr Sohn sondern ein Perverser.
Doch niemand begreift, daß das der falsche Weg ist.

Stattdessen die Drohung, "Fickt ihr Kinder in die Welt bring ich euch um!"

Ich frage mich bis heute, wer hat hier eigentlich wen traumatisiert? Nach der gängigen Meinung gehören die beiden noch immer therapiert. Warum? Wieso? Was haben sie getan? Wem haben sie etwas getan?

Nein, das ist keine fiktive Geschichte, es sind dunkle und böse Erinnerungen an eine Zeit die wir hinter uns gelassen haben. Heute leben wir weit weg von alle dem. Noch immer lassen wir Vorsicht walten, das wir Geschwister sind, (sind wir genau genommen nicht einmal denn einer von uns ist adoptiert), weiß hier niemand.

Die die uns so lange Zeit so gequält haben leben längst nicht mehr. Und obwohl nach Außen hin alles ganz normal erscheint, quälen uns bis heute Ängste. Ohne unsere Kinder hätten wir vermutlich nie die Kraft gehabt, unser Leben zu meistern.

Ich wage da noch einmal die Frage in den Raum zu stellen. Wer hat eigentlich wen traumatisiert, wer wem das Leben zur Hölle gemacht und wer versagt?
Das ist es, was ich meine, wenn ich sage, die Herangehensweise an die Dinge, so wie sie derzeit gehandhabt wird, kann auch verkehrt sein, denn danach dürfte immer noch nicht sein was wir leben. Öffentlich machen, uns real dazu bekennen was wir leben, was wir sind würde unser Leben noch immer zu einer Hölle machen. Von daher begrüße ich es, wenn andere es übernehmen Sichtweisen in Frage zu stellen.
 
Also nachdem ich mir das ganze durchgelesen habe, kann ich nur sagen: das ganze ist vorbei, wenn du 18 bist. Es ist noch nicht einmal gesagt, dass die Kinder wirklich ein Trauma bekommen, eher dass ihr sexuelles Verhalten verkrampft wird.

Du hast wahrscheinlich eine falsche Vorstellung von Trauma. Ein Trauma hast du nicht, wenn dich die ganze Zeit deine Umgebung nervt. Sondern wenn DU deine Umgebung nervst, ohne dir bewusst zu sein, warum du das tust.

Ich hatte mal mit solchen Kids zu tun, die vergewaltigt wurden, hab sowohl in der Beziehung zu mir als auch zu anderen gemerkt, wie zerstörerisch das war. Wie sie jeden, egal ob nett zu ihr oder nicht (die netten vielleicht sogar noch eher), dafür bestrafte, dass er nett zu ihr war. Eine ungefähre Vorstellung davon bekommst du, wenn du dir "Good Will Hunting" anguckst. Da siehst du auch, wie schwierig es manchmal ist, Leute zur Therapie zu kriegen, die diese wirklich nötig haben.

Deswegen ist das mit dem Trauma-Einreden Quatsch. Du kannst einen Menschen vielleicht schlechtes Gewissen einreden, aber ein schlechtes Gewissen oder Gefühl macht noch kein Trauma.
 
Also nachdem ich mir das ganze durchgelesen habe, kann ich nur sagen: das ganze ist vorbei, wenn du 18 bist.

Vorbei wenn ich 18 bin? Na die haben wir lange überschritten. Sehr lange schon. Die gesellschaftliche Ächtung, die bleibt. Klar rein rechtlich könnten wir sogar in Deutschland heiraten, da nicht blutsverwandt. Wir müßten "nur" zu einem Familiengericht und um die Freigabe betteln. Je nach Richter/in bekämen wir die auch. Genauso gut könne man auch die öffentliche Steinigung beantragen. Was einem da zugemutet wird, davon macht sich ein Außenstehender überhaupt keine Gedanken. Ein schlimmeres Spießrutenlaufen kann es kaum geben. Inzwischen mag vielleicht das eine oder andere etwas einfacher sein. Ich kenne noch die Zeit, da war eine Hochzeit ohne Aufgebot gar nicht möglich, ohne Vorlage des Familienstammbuch ebenfalls nicht. Adoptivkinder haben das gleiche wie leibliche Kinder. Kannst Du Dir vorstellen, zum Familiengericht zu gehen und die Freigabe für eine Hochzeit zu beantragen, sie vielleicht sogar zu bekommen; kannst Du Dir vorstellen dann zum Standesamt zu gehen mit einem Familienstammbuch, nicht wie sonst mit zweien? Kannst Du Dir vorstellen 6 Wochen vor der Hochzeit im Schaukasten der Kleinstadt als Hochzeitspaar auszuhängen? Nein, das will sich niemand vorstellen.

Du würdest beim Bäcker oder Metzger nicht mehr bedient, wenn Du über die Straße gehst rufen die Leute ihre Kinder zu sich. Wer sich soetwas in Deutschland traut ist anschließend ein Aussätziger, Mörder, Kinderschänder würden nicht anders behandelt.
Die daraus entstehenden Probleme haben nicht wirklich etwas mit einem schlechten Gewissen zu tun. Ich weiß noch sehr genau, wie oft Sie kurz davor war sich vor einen Zug zu werfen oder von einer Brücke zu springen und ich weiß, wie oft es mir ähnlich ging. Glücklicher Weise vielen diese Episoden nie zusammen und immer hat es der eine geschafft den anderen wieder auszurichten.

Professionelle Hilfe? Die glauben die Lösung sei die Trennung, das ist für sie Grundvoraussetzung, und dann beschäftigt man sich mit den verbliebenen Problemen. Das haben wir alles zu einem Großteil hinter uns gelassen. Zum Glück. Einmal, als die Kinder kamen, da haben wir es zaghaft probiert. Da wurde dann schnell klar, was man erwartete, Trennung, Totschweigen gegenüber den Kindern und als klar wurde, das Sie das nie verkraften würde, kamen Themen auf wie Psychatrie, Pflegeeltern usw.
Wir haben uns anders entschlossen, sind wieder gegangen, weit weg. Haben allem Adieu gesagt und den Rücken gekehrt.

Und wenn mich heute selbst dreißig Jahre später jemand fragt, ob ich alles noch einmal so machen würde, mich wieder so entscheiden würde, dann brauche ich nur einen Blick zur Seite, auf den Menschen neben mich zu werfen und ich bin mir meiner Antwort sicher. Sie lautet "JA"

Es mag sein, daß die "Fachleute" hier ihre eigene Definition von Trauma haben, ich empfinde viele Erlebnisse der Vergangenheit als traumatisch. Sie haben uns verfolgt Jahrelang und nicht nur in Albträumen. Es war ein harter Kampf zu lernen damit umzugehen.
 
... Nein, das ist keine fiktive Geschichte, es sind dunkle und böse Erinnerungen an eine Zeit die wir hinter uns gelassen haben...
Danke für den Mut, Deine Geschichte mit uns zu teilen.

Hoffentlich finden auch andere Betroffene den Mut.

Ich kann Dir jedenfalls nur beipflichten, der Umgang mit dem Thema gehört auf den Prüfstand.
 
Es mag sein, daß die "Fachleute" hier ihre eigene Definition von Trauma haben, ich empfinde viele Erlebnisse der Vergangenheit als traumatisch. Sie haben uns verfolgt Jahrelang und nicht nur in Albträumen. Es war ein harter Kampf zu lernen damit umzugehen.

Aber du hast gelernt, damit umzugehen, ohne therapeutische Hilfe. Ich will das jetzt nicht kleinreden, du hast viel durchgemacht. Aber nur weil du es als traumatisch empfandest, muss es noch kein Trauma sein. Du warst dir in deinen Gefühlen immer klar, wusstest, dass die Gesellschaft das Problem ist, nicht du. Dein Problem war im Prinzip gelöst, nachdem du weggezogen bist.

Das kannst du nicht mit Leuten vergleichen, die einen derartigen Bezug nicht nur zu ihrer Umwelt, sondern auch zu sich selber nicht mehr ohne therapeutische Hilfe hinbekommen. Wenn du jemals mit Leuten mit multiplen Persönlichkeiten zu tun hattest, verstehst du vielleicht, was ich meine.
 
Weil wir trotz allem in einem Literaturforum sind, beantworte ich diese Frage mit mit einem Wort Goethes:

Halb zog sie ihn, halb sank er hin

:D

Und ungefähr wie oft, schätzt du, wird das der fall sein, wenn ein vollkommen fremder teenager eine frau ins gebüsch zieht?

(und ehrlich gesagt ist ein grinsen an dem satz in dem kontext schon etwas sehr makaber...)
 
Der Wahrheit ist es wurscht, ob sie Mainstream ist oder nicht, was aber trotzdem bedeuten kann, dass sie Mainstream ist.
Die Wahrheit ist das, was die Mehrheit dafür hält. Ein profanes und unbedeutendes Beispiel: Das 21. Jahrhundert (und das dritte Jahrtausend) fing erst mit dem Jahr 2001 an, trotzdem hat die ganze Menschheit das Jahr 2000 als solchen gefeiert, und die wenigen, die nicht mitfeiern wollten, wurden als Wahrheitsfanatiker oder als Spielverderber beschimpft.

Gut, damals hat die wahre Wahrheit verloren, bei anderen Gelegenheiten wurde sie zu Siegerin, wenn auch sehr oft unter gewaltigen Opfern. Die Zahl der Beispiele ist Legion, doch ich will hier nur einen Namen nennen: Semmelweis.

Dieser Name steht auch für einen Reflex in der Wissenschaft, demzufolge eine Innovation eher eine Bestrafung als eine entsprechende Honorierung zur Folge hat, weil etablierte Paradigmen und Verhaltensmuster entgegenstehen.

Dieser Semmelweis-Reflex scheint auch im Fall des Buchs "The Trauma Myth" zu greifen, aber ob das nur ich so sehe oder tatsächlich so ist, wird die Zeit zeigen. Auf jeden Fall zeigt uns die GeorgGenders Beichte, dass der Kindesmissbrauch wesentlich komplizierter sein kann und ist, als das Schwarz-Weiß-Denken unserer Tage es erlaubt.

An dieser Stelle möchte ich GeorgGenders danken, uns das so eindringlich vor Augen zu führen.
 
Aber du (GeorgGenders) hast gelernt, damit umzugehen, ohne therapeutische Hilfe. Ich will das jetzt nicht kleinreden, …
Genau das tust Du - Kleinreden

Es hat schon seinen Grund, dass hier – anders als Du oben meintest – kein 18-jähriger, sondern ein etwa 30-jähriger schreibt.

Die zehn Jahre waren vermutlich nötig, um die Verletzungen zu überwinden, die Deinen Beispielen wenig nachstehen dürften.

Wenn du jemals mit Leuten mit multiplen Persönlichkeiten zu tun hattest, verstehst du vielleicht, was ich meine.
Gegen therapeutische Hilfe ist sicher nichts einzuwenden.

Das heißt aber noch lange nicht, dass man Therapiekonzepte nicht verbessern kann. Insbesondere ist nicht einsehbar, warum man das Wort 'Missbrauch' benutzen muss, welches die Betroffenen zu Betrachtungsobjekten macht, statt nach ihren Gefühlen zu fragen.

Erst recht darf man nicht länger zulassen, dass das 'Missbrauch-Konzept' in der Öffentlichkeit weiterhin in einer Weise zweckentfremdet wird, dass anderen Kindern dadurch großer Schaden zugefügt wird.
 
Die Wahrheit ist das, was die Mehrheit dafür hält.

Dieser Satz ist einfach nur krank, nix anderes mehr, einfach nur krank. Du wiederholst ihn so oft, als ob du dir das wünschst. Ich meine, seit wann wird per Volksentscheid darüber abgestimmt, ob zum Beispiel die Evolutionstheorie richtig ist ? Seit wann ist der Holocaust nur deshalb passiert, weil die Mehrheit das für wahrscheinlich hält ???

Ein profanes und unbedeutendes Beispiel: Das 21. Jahrhundert (und das dritte Jahrtausend) fing erst mit dem Jahr 2001 an, trotzdem hat die ganze Menschheit das Jahr 2000 als solchen gefeiert, und die wenigen, die nicht mitfeiern wollten, wurden als Wahrheitsfanatiker oder als Spielverderber beschimpft.

Zu Recht. Schliesslich isses ja auch wurscht, ob es stimmt. Die Wahrheit ist damit immer noch die Wahrheit, nur wen interessierts?

doch ich will hier nur einen Namen nennen: Semmelweis.

Dieser Name steht auch für einen Reflex in der Wissenschaft, demzufolge eine Innovation eher eine Bestrafung als eine entsprechende Honorierung zur Folge hat, weil etablierte Paradigmen und Verhaltensmuster entgegenstehen.

Dieser Semmelweis-Reflex scheint auch im Fall des Buchs "The Trauma Myth" zu greifen...[]

Dem ist aber nicht so.

Semmelweis hatte eine klare, ausführbare Idee, sie lautete: hygienisches Handeln senkt Krankheitsgefahr. Erst diese Idee konnte überhaupt den Semmelweis-Reflex auslösen.

Clancy hat hingegen nur eine Theorie, aber noch keine greifbare Idee dahinter. Und auch ihr, die ihr sie so vehement verteidigt, habt sie nicht. Ihr hättet zwar gern einen Semmelweis-Reflex, aber von nix kommt nix. Was ihr uns als Semmelweis-Reflex verkauft, ist ganz normale Skepsis sowohl der Theorie als auch ihrer Methode gegenüber, angesichts der Tatsache, dass sie ausser Relativierung von echten Trauma-Patienten nicht viel bringt. Das ist die Wahrheit, die IHR nicht einsehen wollt.


Auf jeden Fall zeigt uns die GeorgGenders Beichte, dass der Kindesmissbrauch wesentlich komplizierter sein kann und ist, als das Schwarz-Weiß-Denken unserer Tage es erlaubt.

Er macht nur den Fehler, Medizin und Gesellschaft gleiche Denke vorzuwerfen.

Es gibt keinen Grund zu glauben, dass GeGe in einer Therapie in der Zielsetzung irgendwie anders behandelt worden wäre als ein normaler Trauma-Patient. Was die Gesellschaft mit ihm gemacht hat, ist sicher schlimm, hat mit dem medizinischen Teil aber absolut nichts zu tun.
 
Last edited:
Was die Gesellschaft mit ihm gemacht hat, ist sicher schlimm, hat mit dem medizinischen Teil aber absolut nichts zu tun.
Angenommen, es wäre so - ist es wirklich genug, das kranke Kind zu behandeln?

Musst Du nicht auch den Schuldigen anprangern?

Musst Du der Gesellschaft nicht vor Augen halten, dass sie der Bösewicht ist, der das Kind auf dem Gewissen hat, in diesem Falle mehr als der ursprüngliche Täter?

Oder willst Du sehenden Auges abwarten, bis die nächsten Kinder in Deiner Praxis auftauchen, zerstört von unserer Gesellschaft?
 
Genau das tust Du - Kleinreden
......

Die zehn Jahre waren vermutlich nötig, um die Verletzungen zu überwinden, die Deinen Beispielen wenig nachstehen dürften.

Vermutest du.

Kannst du es auch beweisen ?

Sollte man es überhaupt beweisen müssen?

Ich mein, auch wenn ich jetzt hier gegen ne Wand rede, aber: die Verletzungen sind nicht das Problem der Therapie, sondern die Folgen der Verletzungen.

Gegen therapeutische Hilfe ist sicher nichts einzuwenden.

Das heißt aber noch lange nicht, dass man Therapiekonzepte nicht verbessern kann. Insbesondere ist nicht einsehbar, warum man das Wort 'Missbrauch' benutzen muss, welches die Betroffenen zu Betrachtungsobjekten macht, statt nach ihren Gefühlen zu fragen.

Eine Therapie, die nicht nach den Gefühlen der zu therapierenden fragt, dürfte kaum eine ernstgemeinte sein.

Und nochmal: wie Clancys Theorie die Therapie verbessern soll, ist noch immer nicht schlüssig.
 
Angenommen, es wäre so - ist es wirklich genug, das kranke Kind zu behandeln?

Musst Du nicht auch den Schuldigen anprangern?

Musst Du der Gesellschaft nicht vor Augen halten, dass sie der Bösewicht ist, der das Kind auf dem Gewissen hat, in diesem Falle mehr als der ursprüngliche Täter?

Man muss die Gesellschaft sicherlich für vieles anklagen, in der hoffnung, dass sich der Blickwinkel ändert. In diesem Sinne macht Clancys Theorie sicherlich Sinn.

Letztendlich kann man aber nur hoffen, dass sich der Blickwinkel der Gesellschaft in Bezug auf "Missbrauch" irgendwann entschärfrt, und erst dann wird man anfangen, Clancys Theorien ernstzunehmen.

Clancys eigentliches Problem ist, dass ihre Theorie für die eigentliche Therapie kaum Auswirkungen hat.
 
Man muss die Gesellschaft sicherlich für vieles anklagen, in der hoffnung, dass sich der Blickwinkel ändert. In diesem Sinne macht Clancys Theorie sicherlich Sinn.

Letztendlich kann man aber nur hoffen, dass sich der Blickwinkel der Gesellschaft in Bezug auf "Missbrauch" irgendwann entschärfrt, und erst dann wird man anfangen, Clancys Theorien ernstzunehmen.

Diesen Aussage kann ich teilen

Clancys eigentliches Problem ist, dass ihre Theorie für die eigentliche Therapie kaum Auswirkungen hat.
Ich denke, darüber wird Clancy nicht traurig sein, wenn es ihr gelingt, die Gesellschaft so zu verändern, dass in Zukunft nur noch halb so viel Kinder Opfer unserer öffentlichen Pseudo-Missbrauchs-Therapie werden.
 
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